Günstige, attraktive urbane Wohnungen soll die vom Architektenteam Geiswinkler & Geiswinkler entworfene Wohnhausanlage auf dem Gelände der ehemaligen Hoerbiger-Ventilwerke bieten.

Rendering: Geiswinkler & Geiswinkler

Für die WBV-GPA errichtet Architekt Martin Kohlbauer diese Gebäude mit kleinen Smart-Wohnungen für relativ wenig Geld.

Rendering: Schreiner Kastler

Wien - Die Hoerbiger-Ventilwerke wurden 1895 gegründet und zählen seitdem zur österreichischen Speerspitze in Sachen Hydraulik, Elektronik, Strömungstechnik und Engineering. Mit dem bevorstehenden Umzug in die Seestadt Aspern - der Neubau jenseits der Donau stammt von Querkraft Architekten - wird der alte Standort in Wien-Simmering frei. Aufgrund der immer knapper werdenden Grundstücke in Wien war klar, das Areal für Wohnen zu nutzen.

Neuer Stadtteil

Mehrere Bauträger ziehen hier an einem Strang und planen einen Stadtteil mit Wohnungen der Wohnbau-Initiative, geförderten Wohnungen, supergeförderten Smart-Wohnungen und diversen Sonderwohnformen wie etwa Senioren-WGs und Wohngruppen der Lebenshilfe. Nicht zuletzt wird die denkmalgeschützte Glaubenskirche von Roland Rainer, die bisher eher ein Schattendasein zwischen Gemeindebauten und Industriehallen fristete, in einen neuen Kontext gesetzt und auf diese Weise aufgewertet.

"Viele Grundstücke in Wien sind bereits so teuer, dass sie sich für geförderten und supergeförderten Wohnbau finanziell kaum noch eignen", sagt Karin Kieslinger, Projektleiterin beim Bauträger EWG Heimstätte, der das Areal gemeinsam mit der Sozialbau und der WBV-GPA bebauen wird. "Umso erfreulicher, dass wir hier einen Mix mit sehr günstigen und urbanen, attraktiven Wohnungen realisieren können." Insgesamt werden 506 Wohnungen errichtet. Der Anteil der Smart-Wohnungen liegt in einigen Bauteilen bei 40 Prozent.

Kompakte Grundrisse

"Ein kompakter Grundriss ist für viele Familien die einzige Möglichkeit, sich eine schöne Neubauwohnung zu leisten", so Kieslinger. "Daher merken wir in unseren Bauvorhaben, dass dieses Segment in der Bevölkerung sehr gut ankommt. Besonders wichtig ist, dass die Wohnungen trotz ihrer Kleinheit immer noch flexibel sind." Ein häufiger Mieterwunsch beispielsweise sei die Errichtung eines zusätzlichen, mitunter winzigen Kinderzimmers, das man in einigen Jahren auch wieder rückbauen kann.

"Eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit 55 und eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 70 Quadratmetern ist nicht gerade riesig", sagt Markus Geiswinkler von Geiswinkler & Geiswinkler Architekten. "Aber so lautet nun einmal die Vorgabe, und wir versuchen, das Beste daraus zu machen, indem wir die Großzügigkeit strukturell und visuell in die Wohnung reinholen."

Fenster bis zum Boden

Das heißt: Jedes Zimmer verfügt über ein französisches Fenster, das bis zum Boden reicht. Jede Wohnung ist mit einem umlaufenden Balkon ausgestattet, der auch Platz für Liegestuhl und Frühstückstisch bietet. Und nicht zuletzt werden die Wohnungen über eine fast drei Meter tiefe "Kommunikationszone" erschlossen, die Platz für Kinderwagen, Fahrräder und Rollatoren bietet und die laut Bauordnung sogar möbliert werden darf.

Üblicherweise machen die Brandschutzvorschriften solchen Plänen einen Strich durch die Rechnung, denn Brandlast im halböffentlichen Bereich ist so etwas wie ein stets ungebetener Gast im Haus. Dank eines Brandschutzkonzepts mit einem alternativen Fluchtweg über die Balkone darf der Laubengang mitbewohnt werden. Man kommt nicht umhin, an die beneidenswerten Wohnparadiese in Amsterdam, Rotterdam und Kopenhagen zu denken.

Um eine spätere Adaptierbarkeit der Grundrisse zu ermöglichen, wird der Geschoßausbau im Bauteil von Geiswinkler & Geiswinkler ausschließlich in Leichtbau erfolgen. "Wer weiß, wie der Wohnungsbedarf in 40 oder 50 Jahren aussehen wird", meint der Architekt. "Dank der Wände in Trockenbauweise lässt sich die Struktur ohne größeren Aufwand jederzeit verändern."

Abgerundete Ecken

Auch die anderen Bauteile von Martin Kohlbauer, s&s Architekten und Heimspiel Architektur setzen sich mit den neuen Anforderungen an das Wohnen intensiv auseinander, ob das nun die "abgerundeten Ecken im Wohnzimmer" (Michael Gehbauer, WBV-GPA) oder die geringen Trakttiefen (" Es ist alles nur eine Frage der Belichtung und der richtigen Proportion" , Architekt Rudolf Szedenik, s&s) sind. Gemeinschaftsräume und Gewerbeflächen im Erdgeschoß runden das Angebot ab.

"Mit den Smart-Wohnungen erfüllen wir das, was uns die Stadt Wien hier auferlegt", meint WBV-Chef Gehbauer. "Ich gebe ein Bekenntnis dazu ab, denn tatsächlich gibt es viele Menschen mit geringem Einkommen, die sich nach solchen Wohnungen sehnen. Aber man darf nicht den Fehler begehen, in einer Smart-Wohnung die eierlegende Wollmilchsau zu suchen. Das ist und bleibt eine kleine, kompakte Wohnung für wenig Geld. Da muss man als Bauträger auch bereit sein, Opfer zu bringen." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 4.3.2015)