Prag - Zehn Jahre nach der Aufhebung der Wehrpflicht will Tschechien die Musterungen wiedereinführen. Das sieht der Entwurf einer Novelle des Wehrgesetzes vor, den das Verteidigungsministerium demnächst vorlegen will, wie die tschechischen Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" am Mittwoch berichtete. Der Grund wurde die immer schlechtere Sicherheitssituation in Europa, namentlich in der Ukraine, genannt.

"Wir dürfen nicht die jetzigen Gefahren unterschätzen, wir müssen vorbereitet sein. Am Beispiel der Ukraine kann man sehen, dass die Konflikte schnell und relativ nahe ausbrechen können", sagte Verteidigungsminister Martin Stropnicky dem Blatt zufolge. Außerdem habe das Heer keine Übersicht darüber, wie viele kampffähige Soldaten Tschechien im Falle des Krieges oder einer Bedrohung des Landes hätte.

Ob die der Musterung allgemein folgende Grundausbildung ebenfalls verpflichtend sein soll, war vorerst nicht klar. "Es könnte beispielsweise in der Form einer einmonatigen Übung sein, wobei der Staat diese Zeit den Rekruten kompensieren würde", sagte laut der Zeitung der Sprecher des Verteidigungsministeriums Jan Pejsek. Dies sei aber die "wenig wahrscheinlichere Variante", fügte Pejsek hinzu.

Die Experten sind sich nach Angaben des Blattes einig, dass Tschechien für einen eventuellen Krieg nicht vorbereitet sei. Manche fürchten, dass der Konflikt in der Ukraine eskalieren könnte, wobei das tschechische Heer eher eine Armee für die Friedenszeit sei.

Tschechien hatte die Wehrpflicht zum 1. Jänner 2005 - nach rund 140 Jahren - abgeschafft und seine Streitkräfte in eine Berufsarmee umgewandelt. Die Zahl der Soldaten liegt bei über 20.000, der zivilen Mitarbeiter um 9.000.

Außerdem gibt es in Tschechien ein System von "aktiven Reservisten". Die Zahl dieser Reservisten liegt bei rund 1.300, wobei es sich um Freiwillige handelt. Im Laufe der Grundausbildung bekommen sie abhängig von ihrem Rang eine Entlohnung in Höhe von 600 bis 2.200 Kronen (22 bis 80 Euro) monatlich. Außerdem wird ihnen ihr Lohn zur Gänze erstattet. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den "aktiven Reservisten" entsprechende Freizeit für die Teilnahme der Ausbildung zu geben. (APA, 4.3.2015)