Wien - Das Ficktempo passt nicht, zu duracellhasenhaft. Aber zum Glück ist man eine Familie, in der man über alles reden kann. So sitzt Janne (Michael Smulik) mit Katja, seiner Ex, Kindsmutter und Gelegenheitspantscherl in Personalunion (Katrin Grumeth), sowie Mama und Papa beim Frühstück und lauscht deren Ausführungen über seine horizontalen Defizite.

Auch Jannes Vorliebe für Fertigmüsli wird einer Gemeinschaftskritik unterzogen, sein Griff zum Asthmaspray ("Jetzt instrumentalisierst du wieder deine Krankheit!") detto. Willkommen in der Hölle der auf- und abgeklärten alternativen Selbstoptimierer.

Ein Sittenbild nennt Rebekka Kricheldorf ihr Stück Alltag & Ekstase, das im Wiener Theater Drachengasse als österreichische Erstaufführung zu sehen ist. Es lebt von seinen völlig überzogenen Figuren, allen voran Jannes geschiedenen Eltern Sigrun und Günther. Während sich Sigrun (Doina Weber) wie der 102. Dalmatiner kleidet (Bühne und Kostüme: Andrea Fischer) und von allen Verpflichtungen loskaufen will, zelebriert Günther (Rolf Schwab) gleichermaßen Chanukka und den Día de los Muertos, um sich schließlich mit einem Penisfutteral bewehrt nach Papua-Neuguinea abzusetzen.

Vorher nötigt er aber noch seinen Sohn dazu, mit seinem japanischen Liebhaber Takeshi (Yusuke Yamasaki) deutsches Brauchtum zu erforschen. Janne, noch der Normalste der Sippe, aber leider auch ein rechter Versager, und Takeshi, der personifizierte Blick von einem ebenfalls verqueren Außen, landen so erst im Karnevalszelt und später mit ein paar Fliegenpilzen bei alten germanischen Ritualen.

Es geht also recht übersteuert zur Sache, sogar ein riesiger Plüschkrake schafft es in Sandra Schüddekopfs Inszenierung auf die Bühne. Die durchwegs komischen Wortgefechte laufen sich jedoch allmählich tot. Von der bloßen Blödelei über die Unfähigkeit, aus einer ewigen individualistischen Sinnsuche in einem erwachsenen Leben anzukommen, findet die Geschichte keinen Weg zu einer Einsicht oder Wendung, die dem Treiben mehr Substanz verleihen würde.

Immerhin, das mit dem Tempo im Bett kriegt Janne schließlich so halbwegs hin. (Dorian Waller, DER STANDARD, 5.3.2015)