Bild nicht mehr verfügbar.

Wegen Heroinschmuggels wurden die beiden Australier Andrew Chan (rechts) und Myuran Sukumaran im Jahr 2006 zum Tode verurteilt. Nun soll deren Hinrichtung in Indonesien kurz bevorstehen.

Foto: Reuters/Nyoman Budhiana

Bild nicht mehr verfügbar.

In gepanzerten Fahrzeugen werden sie in ein Hochsicherheitsgefängnis überführt.

Foto: REUTERS/Darren Whiteside

Jakarta/Wien - Flankiert von Polizisten und Journalisten rattern gepanzerte Fahrzeuge in Richtung Flughafen. Die Australier Andrew Chan und Myuran Sukumaran befinden sich im Inneren der Gefährte, von einer Haftanstalt auf Bali werden sie am Mittwoch in ein Hochsicherheitsgefängnis auf der Insel Nusakambangan gebracht. Dort kann die Hinrichtung erfolgen, und in der Regel ist das nach wenigen Tagen auch der Fall.

Die Proteste zahlreicher ausländischer Regierungen haben offenbar nichts genutzt, schließlich stehen auch ein Philippiner, ein Franzose, ein Brasilianer und ein Ghanaer weiterhin auf der Exekutionsliste. In einem letzten Versuch, die Hinrichtung der 2006 wegen Drogenschmuggels verurteilten Australier noch zu verhindern, hat die australische Außenministerin Julie Bishop nun einen Gefangenenaustausch mit Indonesien vorgeschlagen.

Menschenrechtsgruppierungen schlagen Daueralarm, die Todesstrafe sei für sie eine barbarische Sanktion, die längst ausgerottet gehört. Doch wagt man einen genaueren Blick nach Jakarta, so ist die Entscheidung pro Exekution dort eigentlich logisch.

Die Hauptstadt Indonesiens ist schon lange das Hoheitsgebiet von Joko Widodo, von allen Jokowi genannt. Dort fungierte der 53-Jährige als Gouverneur, im Oktober 2014 stieg er zum Staatspräsidenten auf. Jokowi galt als Mann des Volkes und als Mann der Menschenrechte. Die Zivilgesellschaft scharte sich hinter ihm, doch er enttäuschte sie rasch. Als im Jänner indonesische Polizeitruppen im besetzten West-Papua brutal gegen Indigene vorgingen, schwieg der Präsident. "Das war sein erster großer Menschenrechtsfall, und er hat ihn komplett ignoriert", kritisiert Jacqui Baker im STANDARD-Gespräch. In Sachen Todesstrafe zeigt die Indonesien-Expertin von der australischen Murdoch-Universität hingegen Verständnis für Jokowi.

Pluspunkte für Jokowi

In Südostasien wird von jeher mit der Todesstrafe gegen Drogenhandel vorgegangen, in Indonesien seit 1965. Dies wird in weiten Teilen der Bevölkerung als gerechte Strafe akzeptiert. Dass Jokowi versprach, entschieden gegen die Drogenszene vorzugehen, hat ihm vor allem in den aktuellen Fällen Pluspunkte eingebracht, erklärt Baker: "Es macht für ihn Sinn, hier an der Todesstrafe festzuhalten. Jokowi will klarstellen, dass er sich nicht von außen hineinreden lässt, dass Indonesien ein starker, souveräner Staat ist. Das kommt gut an."

Nur langsam wächst in Indonesien der Widerstand gegen die Todesstrafe, die grundsätzlich nicht als unumstößlich gilt. Wird das Todesurteil als grob unfair betrachtet, gehen die Indonesier auf die Straßen, bis die Hinrichtung abgesagt wird - so geschehen mehrere Male in den 1980er-Jahren. Zudem entwickelte sich nach den Unruhen 1998 und der darauffolgenden Demokratisierung Indonesiens eine starke Zivilgesellschaft mit zahlreichen Menschenrechtsgruppierungen. "Solange aber das politische und juristische Establishment für die Todesstrafe ist, wird sie nicht abgeschafft", erklärt die Politologin und Sozialanthropologin Baker.

Widerstand vom Gouverneur

Doch auch auf dieser Ebene erntet Jokowis Drogenpolitik seit kurzem Widerspruch. Ausgerechnet Basuki Tjahaja Purnama, enger Vertrauter des Präsidenten und sein Nachfolger als Gouverneur von Jakarta, sprach sich vor wenigen Tagen öffentlich gegen die in Indonesien als Erschießung durchgeführten Exekutionen aus. Häftlinge können sich "zum Besseren verändern", dies habe Purnama, besser bekannt als Ahok, auch mit Jokowi diskutiert - offensichtlich ohne Erfolg.

"Sollte es irgendwann mehrere Ahoks geben, die öffentlich ihre Stimme gegen die Todesstrafe erheben, könnte sie irgendwann einmal abgeschafft werden", wagt Baker einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Für die beiden Australier wird das aber definitiv zu spät sein. (Kim Son Hoang, DER STANDARD, 5.3.2015)