Die lokale Filiale des "Islamischen Staats" (IS) in Libyen steigt zum Spieler auf den diversen libyschen Schlachtfeldern auf: Dass die IS-Milizen nun bereits erfolgreich Ölfelder angreifen, nährt die Befürchtungen, dass sie bald über neue substanzielle Finanzierungsmöglichkeiten verfügen könnten. Im kriegsgeschüttelten Libyen, wo immer mehr Menschen den Zugang zu Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs verlieren, würde das den Jihadisten - die sich, wo sie sich breitmachen, auch als Ordnungsmacht gerieren - einen sprunghaft ansteigenden Zulauf verschaffen.

Es gibt nur eine Hoffnung, den totalen Absturz Libyens zu stoppen, und das sind die UN-geführten Verhandlungen zwischen Parlament/Regierung in Tobruk und Gegenparlament/Gegenregierung in Tripolis. Aber beide Seiten sind stark fraktioniert, und noch viele andere, etwa lokale Konfliktebenen müssen berücksichtigt werden. Mit der vereinfachten Darstellung als "Islamisten" und "Revolutionäre" (Tripolis) und "Antiislamisten" und "Konterrevolutionäre" (Tobruk) kommt man nicht weit.

Leider sind diese Kategorisierungen für die Player nützlich, um Unterstützung von außen zu mobilisieren: Ägypten für Tobruk, Katar für Tripolis und so weiter. Das heißt, auch diese Länder müssen für eine Machtteilung in Libyen gewonnen werden. Und das ist fast genauso schwer, wie die libyschen Kontrahenten dazu zu bewegen. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 5.3.2015)