Nach dem Händedruck führt der Weg der Hand direkt zur Gesichtsmitte. Die Bewegung passiert unbewusst.

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Keine Handkommunikation mit der Queen: Drei verschiedene soziale Signalstoffe werden über die Haut der Handflächen übertragen.

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Rechovot/Israel – Das Aussehen, die Festigkeit des Händedrucks, ein souveränes Lächeln: Wir beurteilen Menschen in Bruchteilen von Sekunden. Dass auch die Chemie uns Informationen über das Gegenüber zuspielt, ist bekannt, nur der Weg der Botenstoffe verlief bisher im Dunklen. Noam Sobel und seine Kollegen vom Weizmann-Institut für Wissenschaften in Israel untersuchten dazu einen Klassiker der Begrüßungskultur: den Händedruck.

Während das Beschnüffeln zum Standardprogramm bei Säugetieren gehört, verstößt das olfaktorische Begrüßungsritual beim Vorstellungsgespräch, dem Kennenlernen der Schwiegereltern und auch sonst in fast allen Situationen des menschlichen Lebens gegen sozial erwünschtes Verhalten. Stattdessen schütteln Menschen die Hände – um anschließend daran zu riechen. Das verblüffende Verhalten passiert unbewusst und tarnt sich als ein Reiben an der Nase oder ein Kratzen am Gesicht.

Experiment mit Handschlagqualität

Um dem Phänomen auf die Schliche zu kommen, suchten die Forscher erst nach Spuren potentieller Botenstoffe auf unseren Händen. Sie fanden drei typische soziale Signalstoffe, die auch bei Hunden, Ratten und Insekten eine Rolle spielen. Ein Händedruck gibt diesen chemischen Mix an die Haut des menschlichen Gegenübers weiter, ähnlich wie bei der Übertragung von Keimen.

In einem zweiten Schritt fand das große Grüßen vor versteckter Kamera statt: 80 Probanden schüttelten je einem der 20 Forscher die Hand, 73 Personen grüßten die Versuchsleiter mit Worten. Anschließend blieb die nichtsahnende Testperson alleine im Raum zurück.

Weizmann Institute of Science, Israel

Kurz nach der Begrüßung hatten Männer wie Frauen nicht nur länger die Finger bei der Nase, eine Wiederholung mit Luftstrommessung zeigte auch, dass sie aktiv daran schnupperten. Sie reagierten auch auf das Geschlecht des Gegenübers: Bei Personen gleichen Geschlechts tritt der Effekt signifikant häufiger auf, während Mann und Frau nach der Begrüßung eher an der nicht-beteiligten Hand riechen. Für die Forscher kam diese Entdeckung wenig überraschend: Chemische Signale übernehmen innerhalb des gleichen Geschlechts auch andere wichtige Funktionen, etwa bei der Synchronisierung der Menstruation.

Ein fester Händedruck steht also nicht nur für Willenskraft, sondern sendet auch ein chemisches Hallo an unser Riechorgan. Nach dieser Erkenntnis werden wir unserem Gegenüber nach dem Gruß wohl genauer auf die Finger schauen. (red, derStandard.at, 7.3. 2015)