An der Entwicklung des Projekts Porta Nuova, nur einen Kilometer vom weltberühmten Mailänder Dom entfernt, sind 30 Architekten aus acht verschiedenen Ländern involviert.

Foto: Hines

Die lokalen Mailänder Immobilienhaie, die einst mit Neubauprojekten spekulierten, sind während der Krisenjahre von der Bildfläche verschwunden. Mehrere sitzen wegen Steuerhinterziehung, betrügerischen Bankrotts und Korruption hinter Gittern. Andere wie der einstige Immobilien-Zar Luigi Zunino, der römische Immobilienunternehmer Davide Coppola oder der sizilianische Bauunternehmer Salvatore Ligresti sind mit ihren Spekulationen schlicht gescheitert.

An ihre Stelle treten nun internationale Finanzinvestoren. Die arabische Fondsgesellschaft Qatar Investment Authority (QIA) etwa stockte in den letzten Tagen ihre Beteiligung am Mailänder Skyline-Projekt Porta Nuova von 40 auf 100 Prozent auf. Und der US-Investor Blackstone hat innerhalb eines Jahres hier mehr als eine Milliarde Euro investiert.

Neues Büro- und Wohnareal

"Heute gleicht Mailand mit dem vielfach von ausländischen Finanzinvestoren kontrollierten Immobilienvermögen einer nordeuropäischen Stadt", sagt auch Mario Breglia, der Präsident des auf Immobilien spezialisierten Marktforschungsinstitutes Scenari Immobiliari. Er erwartet, dass ausländische Investoren heuer Immobilienprojekte im Volumen von acht Milliarden Euro finanzieren werden, "etwa auf dem Niveau des Vorkrisenjahrs 2007".

"Mailand wird zur Provinz von Doha", titelte die Tageszeitung La Stampa. Zwar ist der Betrag, den die Fondsgesellschaft QIA in das 300.000 m² große, völlig neu strukturierte Büro- und Wohnareal neben dem Mailänder Garibaldi Bahnhof investierte, nicht bekannt. Geschätzt werden aber an die zwei Milliarden Euro. Porta Nuova wurde inzwischen zum neuen Symbol Mailands. Hier wurde mit dem UniCredit Tower das höchste Gebäude Italiens errichtet. Vor knapp zwei Jahren wechselte die Bank-Austria-Mutter UniCredit hierher. Ganz in der Nähe steht das vor kurzem fertiggestellte und von einer internationalen Jury zum weltweit schönsten Hochhaus gekürte Projekt "Bosco Verticale", ein von Architekt Stefano Boeri entworfenes "bewaldetes" grünes Hochhaus - scharfer Kontrast zu den Betonklötzen der Fünfzigerjahre.

Das Projekt Porta Nuova umfasst 30 nach "Leed Gold" zertifizierte Gebäude, die von weltweit renommierten Architekturbüros wie Clark Pelli Architects, Caputo Partnership oder Boeri Studio entworfen wurden. Zum Projekt zählen auch 380 Luxuswohnungen und 140.000 m² Bürofläche. Google, Samsung und der Modedesigner Alexander McQueen haben ihren Hauptsitz in das neue Stadtviertel transferiert.

Mailänder Mieten sanken

Ihre Beteiligungen an Porta Nuova haben unter anderem die Immobiliengruppe Hines Italia und der US-Pensionsfonds Ttiaa Cref mit einem Buchgewinn von rund 30 Prozent verkauft. Laut Hines-Italia-Chef Manfredi Catella sind die Wohnungsmietpreise in Mailand in den letzten drei Jahren um rund 20 Prozent gefallen, bei den Porta-Nuova-Objekten haben sie aber um neun Prozent zugelegt. Zwei Drittel der Wohnfläche von "Bosco verticale" seien vermietet.

Ein Newcomer auf dem Mailänder Markt ist die Qatar Investment Authority keineswegs. Der Fonds ist nicht nur Eigentümer des Luxusmodeunternehmens Valentino. In letzter Zeit hat man kräftig in den Immobiliensektor investiert und unter anderem das Luxushotel Gallia di Milano, die luxuriösen Büroräume von Credit Suisse im Mailänder Zentrum sowie mehrere Immobilien, in denen Filialen der Deutschen Bank Italia untergebracht sind, erworben. Die Investitionen von QIA in Mailand werden auf über drei Milliarden Euro geschätzt. Angeblich soll der arabische Finanzinvestor auch am Erwerb des ehemaligen Unicredit-Hauptsitzes an der Piazza Cordusio interessiert sein, für den sich aber auch die Londoner Immobiliengruppe London & Regional Properties und der US-Fonds Blackstone interessieren. Blackstone hat im Finanzzentrum der Stadt, der Piazza Cordusio, nicht nur das Postgebäude, sondern auch das naheliegende Gebäude in der Via Santa Margherita, dem ehemaligen Sitz der Banco di Sicilia, und den Palazzo Meliorbanca erworben. Angeblich plant der US-Investor, die Piazza Cordusio vom ehemaligen Finanz- in ein neues Shopping- und Bürozentrum zu verwandeln.

Zahlreiche Projekte

Hines Italia hat nach eigenen Angaben im Auftrag von Finanzinvestoren im letzten Jahr mehr als eine Milliarde Euro in Mailand investiert. Die kommende Weltausstellung Expo Milano, die von 1. Mai bis 30. Oktober 2015 stattfindet, mache den Immobiliensektor attraktiv. "Vor Jahren kamen Ausländer nach Mailand, um Mode und Schuhe einzukaufen, nun erwerben sie Immobilien", sagt Catella. Abgesehen vom Projekt Porta Nuova sind aber noch weitere Modernisierungs- und Neubauprojekte im Gang, etwa die Porta Vittoria im Nordosten, für das sich insbesondere US-Finanzinvestoren interessieren, oder das nahe der ehemaligen Messe Mailands gelegene City Life, dessen Hochhäuser noch nicht fertiggestellt sind. Es befindet sich in Händen der Versicherer Generali und Allianz.

Im Wandel befindet sich auch die Welt der Mailänder Luxushotels. Die drei größten italienischen Luxusketten sind hoch verschuldet und bieten ihre Immobilien zum Verkauf an, darunter die mittlerweile unter Zwangsverwaltung gesetzte Gruppe Boscolo aus Padua mit 400 Millionen Euro an Bankschulden. Auch Una Hotel ist unter Kontrolle der Banken geraten, während Atahotels vom Pleite-Immobilienunternehmer Salvatore Lingresti an den Versicherer Unipol abgetreten wurde. Doch auch Unipol will die defizitäre Hotelkette verkaufen.

Es handelt sich um insgesamt 140 im oberen und obersten Marktsegment angesiedelte Hotels. Bernabé Bocco, Präsident des italienischen Hotelverbandes, bestätigt das wachsende Interesse ausländischer Investoren, das sich jedoch auf Luxushotels in Mailand, Venedig, Rom und Florenz beschränke. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, 7.3.2015)