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Auguste Fickert kritisierte ohne Rücksicht auf Verluste.

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Ein Leben ganz im Zeichen des Protestes führte diese Pionierin der Frauenbewegung. Vieles, was uns heute selbstverständlich scheint, wie allgemeines, gleiches Wahlrecht, Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium oder Rechtsschutzstellen für Unbemittelte, half sie durchzusetzen. Aber der Reihe nach: Auguste Fickert wurde in einfache Verhältnisse am 25. Mai 1855 in Wien geboren und machte beruflich das Beste aus sich, was damals einer Frau aus diesem Stand möglich war: Sie wurde Lehrerin. Aber eine ungehorsame.

1889 protestierte sie gegen die Aufhebung des Landtags- und Gemeindewahlrechts, das steuerpflichtigen Frauen in Niederösterreich, der Steiermark und Böhmen seit 1861 gewährt worden war. Daraus ergab sich eine der ersten österreichischen Kampagnen für das Frauenstimmrecht, die sie mitorganisierte. Dann ging es Schlag auf Schlag: 1893 gründete sie den Allgemeinen österreichischen Frauenverein, der den linken Flügel der damaligen Frauenbewegung darstellte. Mitglied in einer Partei war sie aber nicht. Auch aus der katholischen Kirche trat sie aus, was ihr mehrere Disziplinarverfahren durch die Schulbehörde einbrachte.

Religionsstörung

Sie wurde der "Religionsstörung" angeklagt, weil sie sich öffentlich gegen den sogenannten Schulgebetserlass ausgesprochen und sich dabei auf die in der Verfassung garantierte Glaubensfreiheit berufen hatte. Damals wurde noch an allen Schulen verpflichtend zu Unterrichtsbeginn und -ende gebetet. Darüber hinaus hatte sie das Schulsystem allgemein kritisiert, was ihr Gehaltskürzungen einbrachte.

1895 gründete Fickert die erste Rechtsschutzstelle für mittellose Frauen in Österreich, 1899 organisierte sie die erstmalige Anstellung von Frauen im Staatsdienst. Dies betraf vor allem Telefonistinnen, die davor unter sehr schlechten Bedingungen hatten arbeiten müssen. Auch bei der Durchsetzung der Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium half sie tatkräftig mit. 1899 gründete sie mit Rosa Mayreder und Marie Lang die demokratisch-fortschrittliche Monatsschrift "Dokument der Frauen".

Auch als Herausgeberin der Zeitschrift "Neues Frauenleben" war sie tätig. Auf ihre Initiative ging die Errichtung der Bau- und Siedlungsgenossenschaft Heimhof in Wien zurück: Diese sah Wohnhäuser mit Gemeinschaftsraum und zentraler Küche vor, in der von Angestellten gekocht wurde. Dadurch sollten vor allem berufstätige Frauen entlastet werden. Eine Idee, die gerade heute für neu zu planende Gemeindebauten zeitgemäß erscheint. Die Eröffnung des "Heimhofes" in der Peter-Jordan-Straße im Jahr 1911 erlebte Auguste Fickert nicht mehr. Sie starb am 9. Juni 1910. Sie war stets unverheiratet und kinderlos geblieben, auch das – damals wie heute – mancherorts ein Skandal.

An sie erinnert ein Denkmal im Türkenschanzpark, das 1929 errichtet wurde. Sie ist zudem eine der wenigen Frauen in Wien, nach der eine, wenn auch sehr kurze, Gasse benannt wurde: Seit 1926 gibt es die Fickertgasse in Döbling. Im selben Jahr schrieb ein Zeitgenosse anlässlich dieser Benennung über sie: Sie sei stets "unbekümmert um den Sturm der Entrüstung" gewesen. (Tanja Paar, DER STANDARD, 7./8.3.2015)