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Als US-Außenministerin verwendete Hillary Clinton einen privaten Mailserver - auch für dienstliche Korrespondenz. Ein Gesetzesverstoß.
Im State Department studieren sie 55.000 Seiten ausgedruckter E-Mails. Handverlesene Juristen beugen sich über die Zeilen, um zu beurteilen, ob ganze Passagen oder doch nur einige Namen geschwärzt werden müssen, um ja kein Staatsgeheimnis preiszugeben. Unter wachsendem Druck hat Hillary Clinton, von 2009 bis 2013 US-Außenministerin, eingewilligt, die elektronische Post ihrer vier Amtsjahre zu veröffentlichen. In die Defensive geraten, will sie den Schaden begrenzen, ehe sich die Affäre zu einem Skandal auswachsen kann, der womöglich ihre Hoffnungen auf die Präsidentschaft ab 2017 durchkreuzt.
Denn auch als Chefdiplomatin hat Clinton eine private E-Mail-Adresse für ihre Amtsgeschäfte benutzt. Die Korrespondenz lief über einen Server, der in der Privatvilla der Clintons stand, in Chappaqua bei New York. US-Gesetze schreiben Kabinettsmitgliedern aber vor, elektronische Korrespondenz lückenlos auf Regierungsservern zu speichern - nicht nur aus Sicherheitsgründen, sondern auch, damit sie entsprechend archiviert werden können.
Geheimniskrämerei
Clinton dürfte indes nicht die Einzige gewesen sein, die es nicht so genau nahm mit den Regeln. Auch John Kerry, ihr Nachfolger, bedient sich neben der dienstlichen einer privaten Adresse. Doch Clinton mailte nicht nur ab und zu, sondern durchweg über den privaten Server.
Es trifft sie - die Hoffnungsträgerin der Demokraten für den Wahlkampf 2016 - an einem empfindlichen Punkt. Schon lange bemängeln ihre Kritiker einen Hang zur Geheimniskrämerei; die Neigung, nur "Hillaryland" zu vertrauen, nämlich den eigenen Seilschaften. Als sie ins State Department einzog, bestand sie im Poker mit ihrem früheren Rivalen Barack Obama darauf, möglichst viele Stellen mit ihren - und nicht seinen - Leuten besetzen zu dürfen. "Was Obama nicht ahnen konnte, war, dass sich das selbst auf die Cafeteria bezog", witzelte ein Insider.
Schwieriger Spagat
Die Clinton Foundation, eine karitative Stiftung, gegründet von ihrem Mann Bill, übt sich seit Jahren im nicht ganz einfachen Spagat. Zu ihren Spendern zählen und zählten ausländische Regierungen - auch zu der Zeit, als die Ministerin bei denselben Regierungen die Interessen ihres Landes zu vertreten hatte. Und obwohl Hillary ihre Kandidatur fürs Weiße Haus offiziell noch nicht verkündet hat, ermöglicht ihr nicht zuletzt die Stiftung, schon jetzt einen veritablen Wahlkampf zu führen.
Aus alledem ergeben sich potenzielle Interessenkonflikte. Dass ihre republikanischen Gegner Letzteres zum Thema machen, wann immer sich die Chance dafür bietet, überrascht keinen, der das beinharte politische Geschäft in Washington kennt.
Es war ein Sonderausschuss des Repräsentantenhauses, dominiert von Republikanern, der im Zuge seiner Ermittlungen auf Clintons private Mailadresse stieß: Das Gremium untersucht den Anschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi, bei dem 2012 vier Amerikaner getötet wurden, darunter der Botschafter. Die Konservativen werfen der damaligen Ressortchefin vor, die Gefahr unterschätzt zu haben.
Nun stellt Trey Gowdy, der Ausschussvorsitzende, bohrende Fragen: Er möchte wissen, warum Clinton nach ihrem Abschied zwei Jahre verstreichen ließ, ehe sie dem State Department ihre privaten E-Mails zukommen ließ; ob sie vielleicht etwas zu vertuschen hatte. Ein anderer Republikaner, John McCain, der Demokratin in parteiübergreifender Freundschaft zugetan, wirft einen Witz in die Debatte, indem er Politikerkollegen rät, am besten gar keine E-Mails mehr zu verfassen. Er halte es schon lange so - schließlich wolle er Minuten später nicht bereuen, was er soeben angesichts seines "ausgeglichenen Gemüts" schrieb, flachst der 78-Jährige, bekannt und gefürchtet wegen seines aufbrausenden Temperaments. "Ganz ehrlich, ich habe keinerlei Problem damit, auf E-Mails komplett zu verzichten." (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 7.3.2015)