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Die Piloten Andre Borschberg (rechts) und Bertrand Piccard kurz vor dem Start in Abu Dhabi.

Foto: Reuters/AHMED JADALLAH

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"Solar Impulse 2" nach dem Start vom Al Bateen Airport auf dem Weg Richtung Maskat, Oman.

Foto: APA/EPA/JEAN REVILLARD

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Die Landung in Maskat erfolgte in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit).

Foto: AP Photo/Jean Revillard and Olga Stefatou, Solar Impulse

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Die Entwicklung Solarflugzeugs (hier bei einem Testflug über Abu Dhabi am 2. März) hat zahlreiche technische Innovationen hervorgebracht.

Foto: APA/EPA/SOLAR IMPULSE

Ahmedabad - Nun ist es bestätigt: Das Solarflugzeug "Solar Impulse 2" hat bei seinem Versuch einer Erdumrundung einen ersten Weltrekord aufgestellt. Wie das Organisationsteam am Mittwoch in Genf mitteilte, legte Pilot Bertrand Piccard am Dienstag exakt 1.465 Kilometer zurück. Dies sei die längste Strecke, die jemals am Stück von einem Solarflugzeug bewältigt worden sei. Der bisherige Rekord habe bei 1.386,5 Kilometern gelegen, aufgestellt 2013 von der "Solar Impulse 1".

Über's Meer

"Solar Impulse 2" hat in seiner zweiten Etappe sicher das Arabische Meer überquert. Das alleine von Sonnenenergie angetriebene Flugzeug brauchte am Dienstag fast 16 Stunden von Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, bis nach Ahmedabad im Westen Indiens.

Gesteuert wurde der Einsitzer diesmal vom Flugpionier und "Vater" des Solarprojekts Bertrand Piccard (57). Bei der ersten Etappe von Abu Dhabi nach Maskat hatte Piccards Projektpartner Andre Borschberg (62) im Cockpit gesessen.

Gegen 22.00 Uhr Ortszeit, also mehrere Stunden nach Sonnenuntergang, landete Piccard in Ahmedabad. Nachts zu fliegen ist dank vier Lithium-Ionen-Batterien möglich, welche die Sonnenenergie speichern.

Hintergrund

Die Millionenstadt Ahmedabad ist das wirtschaftliche Zentrum des Bundesstaates Gujarat. Der jetzige Premierminister Indiens, Narendra Modi, war jahrelang Regierungschef in Gujarat und hat dort die Solarenergie besonders gefördert. Nirgendwo sonst in Indien stehen so viele Sonnenkollektoren. Abenteurer Borschberg sagte, er sei beeindruckt von der Dynamik Gujarats.

Hinter dem Abenteuer steckt eine Mission: Die Weltöffentlichkeit soll für den verstärkten Einsatz erneuerbarer und umweltschonender Energien mobilisiert werden. Die beiden Schweizer wollen ihre Erfahrungen mit der Technologie des Solarfliegers im Dezember bei der Weltklima-Konferenz in Paris vorstellen.

Neu entwickelte Technik

Der Bau des Solarflugzeugs war nur durch eine enge Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft möglich, betonen die beteiligten Akteure. Extra dafür entwickelte Innovationen - von Batterien mit einer enorm hohen Energiedichte bis zu Solarzellen, die dünn wie ein menschliches Haar sind - könnten nun auch im Alltag Einzug halten.

Die Si2 sei ein "fliegendes Technologielabor mit quasi unbegrenzter Autonomie", erklärte Borschberg. So übermittele ein spezielles fünf Kilogramm leichtes Kommunikationssystem zahlreiche Daten - von der Temperatur der Motoren über die Position des Fliegers bis zur Akku-Spannung - an das Kontrollzentrum in Monaco.

Ständige Überwachung

Auch das Aufmerksamkeits- bzw. Müdigkeitsniveau des Piloten werde ständig überwacht - und zwar mittels Elektrokardiogramm. Das Gerät, das den Herzschlag misst, hat etwa die Größe einer Streichholzschachtel. Diese Technologie könnte Experten zufolge künftig bei Autofahrern eingesetzt werden. Potenzial in anderen Bereichen dürfte auch ein Vibrationssystem haben, das in die Ärmel der Piloten integriert wurde und sie bei Abweichungen des Neigungswinkels des Flugzeugs alarmiert.

Durch die Zusammenarbeit des Projektteams mit Ingenieuren eines Lift- und Rolltreppenkonzerns floss einerseits Know-how in die Entwicklung der Solarzellen des Fliegers, andererseits ging aus der Kooperation auch ein solarbetriebener Aufzug hervor, der Vorteile bei der Energieeffizienz bringen und niedrigere Betriebskosten bringen soll. Dabei bezieht der Lift Energie über Photovoltaikanlagen, der Überschuss wandert in einen Speicher für den Einsatz bei Nacht oder Schlechtwetter.

Energie gewonnen wird aber auch, wenn der Lift leer rauf, aber voll wieder runter fährt. Das System ersetze damit einen großen Teil des Stroms, der bisher zum Betrieb nötig war. Den Weg in die Praxis gefunden hat auch ein leichter, besonders feinporiger Schaum: Dieser isoliert die Batterien der Si2 und kommt bereits bei Kühlschränken zum Einsatz. Eine mögliche Antwort auf Größenbeschränkungen von Rotorblättern in der Windindustrie könnten Kohlefaserverbundstoffe sein, die erstmalig als Massenprodukt hergestellt werden könnten.

Hocheffiziente Solarzellen

Laufend weiterentwickelt wurden auch die eingesetzten Solarzellen. Sie sind so dünn wie ein menschliches Haar und weisen eine Energieeffizienz von 22,7 Prozent auf. Beim Hausbau sind es den Angaben zufolge lediglich 16 Prozent. Und auch eine neue Konstruktionstechnik bestehend aus Karbonfaserrippen und Ultraleichtmaterialien sowie ein innovatives Faserdesign tragen zu den besonderen Flugeigenschaften der Si2 bei.

Nicht vergessen wurde auf den Piloten: "Smarte" Nylonfasern halten die Körpertemperatur stabil, da es im Solarflugzeug - im Gegensatz zu einer Not-Toilette - weder Heizung noch Klimaanlage gibt. Personalisierte Speisepläne und ein aufblasbares Ultraleicht-Kissen sollen wiederum das leibliche Wohlergehen der Piloten sicherstellen. (APA/red, derStandard.at, 11.3.2015)