Bild nicht mehr verfügbar.

Fleischesser haben es grundsätzlich leichter ihren Eisenmangel durch Ernährung zu bekämpfen. Aber auch Vegetarier und Veganer können sich durch bewusste Ernährung davor schützen.

Foto: APA/EPA Franck Robichon

"Eisenmangel ist die häufigste Mangelerscheinung weltweit. Trotzdem gibt es dafür noch kaum Bewusstsein", sagt die Wiener Internistin Susanne Simon-Ecker. In Österreich ist schätzungsweise etwa jede fünfte Frau im gebärfähigen Alter betroffen, aber auch Sportler, Vegetarier, Veganer und ältere Menschen zählen zur Risikogruppe.

Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Haarausfall sind häufig die ersten Symptome. Auch Kurzatmigkeit, Herzrasen, Restless-Legs, Libidoverlust und Depressionen können ein Hinweis auf Eisenmangel sein. Doch genau dieses diffuse Störungsbild macht eine Diagnose schwierig. "Mitunter erhalten Patienten eine Behandlung gegen ihre Depression, obwohl sie tatsächlich nur einen Eisenmangel haben", kritisiert etwa die Allgemeinmedizinerin Sabine Lahnsteiner.

Mit einem Blutbefund lässt sich der Eisenstatus leicht feststellen. "Die Vorsorge- oder Mutter-Kind-Pass-Untersuchung sieht das allerdings nicht vor, es liegt also an den Patienten hier proaktiv auf die Ärzte zuzugehen", betont Doris Gapp, Allgemeinmedizinerin bei Woman & Health in Wien. Allerdings ist es nicht ausreichend, nur das Eisen im Blut zu messen. "Für eine gesicherte Diagnose braucht es weitere Parameter wie Ferritin, die Transferrinsättigung oder den Hämoglobin-Wert", ergänzt die Medizinerin.

Mangel bleibt oft unerkannt

Eisen ist ein Spurenelement, das der Mensch nicht selbst produzieren kann. Es muss über die Nahrung aufgenommen werden. Insgesamt enthält der menschliche Körper drei bis fünf Gramm Eisen, das vor allem für die Bildung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin benötigt wird. In dieser Form ist es an die roten Blutkörperchen gebunden und am Sauerstofftransport im Blut beteiligt.

Zudem wirkt es an biochemischen Prozessen, wie etwa dem Zellwachstum mit. Wird zu wenig Eisen über die Nahrung aufgenommen, greift der Körper auf das Speichereisen – das sogenannte Ferritin – zurück. "Da dieser Vorgang sehr langsam vor sich geht, treten die Symptome nur schleichend zutage und der Mangel bleibt oft lange unerkannt", betont Doris Gapp. Im schlimmsten Fall kommt es zur Anämie.

Blut-Management reduziert Risiken

"Rund 20 Prozent der Patienten, bei denen ein operativer Eingriff notwendig ist, wird eine Blutarmut diagnostiziert. Ein Drittel davon hat eine Eisenmangelanämie", erklärt Susanne Simon-Ecker. Wie in zahlreichen Studien belegt werden konnte, verkürzt sich die postoperative Erholungszeit und damit die Aufenthaltsdauer im Spital signifikant, wenn die Blutarmut rechtzeitig vor der Operation behoben wird. Zudem sinkt der Bedarf an Blutkonserven und das Risiko postoperativer Komplikationen.

Mit dem "Patient Blood Management" (PBM) soll das Blutvolumen von Patienten, die vor einer geplanten Operation stehen, optimiert werden. "Idealerweise wird sechs bis acht Wochen vor dem Eingriff das Blutbild und der Eisenstatus des Patienten überprüft. Sollte hier einen Eisenmangelanämie festgestellt werden, ist es durch die intravenöse Eisensubstitution möglich, dass der Körper in relativ kurzer Zeit das Spurenelement in die körpereigenen Eisenspeicher transferiert und für die Blutbildung einsetzen kann", erläutert Simon-Ecker.

Auf die Ernährung kommt es an

Eisen wird entweder über tierische (Häm-Eisen) oder pflanzliche (Nicht-Häm-Eisen) Lebensmittel aufgenommen. Der menschliche Verdauungstrakt kann das Häm-Eisen besser aufnehmen, da es im Gegensatz zum pflanzlichen Eisen über einen exklusiven Transportweg durch die Darmzellen verfügt. Deshalb sind Vegetarier und vor allem Veganer eher gefährdet, einen Eisenmangel zu entwickeln.

Die gute Nachricht: Es gibt eine Vielzahl von pflanzlichen Nahrungsmitteln, die einen hohen Eisengehalt besitzen. Darunter fallen etwa Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen oder Bohnen. Auch in Tofu und Nüssen kommt Eisen in hoher Konzentration vor. Ernährungsexperten empfehlen darüber hinaus Vollkornbrot, Weizenkleie, Hirse und Haferflocken. Spinat ist zwar gesund, enthält aber entgegen der landläufigen Meinung weit weniger Eisen als vermutet.

Hohe Selbstkosten

"Wie der Eisenmangel behandelt wird, richtet sich prinzipiell nach dem Ausmaß des Defizits sowie der Dringlichkeit, wie schnell ein Ausgleich erzielt werden soll", sagt Sportmediziner Helmut Ocenasek. Neben einer etwaigen Ernährungsumstellung stehen noch Medikamente oder die intravenöse Verabreichung von Eisen zur Verfügung. "Eisentabletten haben den Nachteil, dass sie zum Teil nicht zu tolerierende Nebenwirkungen wie massive Blähungen und Verstopfungen verursachen können", gibt Simon-Ecker zu bedenken.

Die effektivste Form der Eisensubstitution stellt zweifellos die intravenöse Verabreichung dar. "Eiseninfusionen sind durch mögliche allergische Reaktionen nicht ganz ungefährlich. Deshalb ist es wichtig, den Eisenbedarf vorher genau abzuklären", so die Allgemeinmedizinerin Sabine Lahnsteiner. Zudem würden die besten am Markt befindlichen Produkte nicht von der Krankenkasse bezahlt. "Im Schnitt ist zweimal jährlich eine Infusion ausreichend", ergänzt die Expertin. Mit Kosten in der Höhe von 220 bis 240 Euro pro Behandlung erzielt der Eisenmangel wahrlich Goldpreise. Da lohnt sich eine rechtzeitige Ernährungsumstellung allemal. (Günther Brandstetter, derStandard.at, 12.3.2015)