Ulrike Ritzinger will Tagesabläufe effizienter und den Verkehr auf der Donau flüssiger machen.

Foto: AIT

In Zukunft werden auch persönliche Kalender und To-do-Listen an Intelligenz zulegen. Der Tagesplaner wird die Aufgaben und Wegstrecken in die ideale Reihenfolge bringen, sodass die verbrauchte Zeit möglichst gering ist und viel Freizeit übrig bleibt. Es wird berücksichtigt, dass für die Termine nur spezielle Zeitfenster zur Verfügung stehen und dass sie in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden müssen. Der Optimierungsalgorithmus wird einkalkulieren, welcher Supermarkt am Weg liegt, die Ordinationszeiten des Kinderarztes im Internet nachschlagen und einplanen, dass man dreimal pro Woche laufen gehen will.

Ulrike Ritzinger trägt dazu bei, dass ein derartiges Managementtool Wirklichkeit wird. Die Informatikerin arbeitet am Mobility-Department des Austrian Institute of Technology (AIT) an Problemen der Transportoptimierung und Logistik. Gerade der menschliche Faktor sei für das Planungstool schwierig einzuschätzen, sagt Ritzinger. "Für Raucher ist es vielleicht angenehm, zwölfmal zehn Minuten Freizeit über den Tag zur Verfügung zu haben. Andere möchten die Zeit vielleicht geblockt haben." Einen Termin nach dem anderen zu haben ist für die einen vielleicht das Richtige, andere fühlen sich dagegen womöglich überfordert. Viele Menschen könnten von so einem Planungstool profitieren - Außendienstmitarbeiter genauso wie Physiotherapeuten, die Hausbesuche machen, oder alleinerziehende Mütter oder Väter, die ihren Beruf mit den Aktivitäten der Kinder vereinbaren müssen.

Der Alltag der 1981 geborenen Forscherin besteht aus mathematischen Modellen, die komplexe Wegstrecken beschreiben oder widersprüchliche Zielfunktionen vereinen sollen. Auf der einen Seite stehen exakte Lösungsverfahren zur Verfügung, die für "kleine Instanzen" - etwa den Plan für einen Tag - die optimale Kombination berechnen können. Auf der anderen Seite müsse man auf heuristische Optimierungsverfahren zurückgreifen, die angesichts des Rechenaufwands bei einem vieltägigen Termin-Netzwerk zumindest nah an ein optimales Ergebnis herankommen.

Ein anderes Projekt, an dem Ritzinger arbeitet, soll den Verkehr auf der Donau flüssiger gestalten. Zurzeit gelte an den Kraftwerken oft noch: "Wer zuerst kommt, wird zuerst geschleust." Ein Managementsystem soll Schiffe effizient zu Gruppen zusammenfassen und damit alle möglichst schnell auf die andere Seite der Kraftwerksmauern bringen. Gleichzeitig soll das System das Hintereinander von insgesamt neun Schleusen im Auge behalten. "Schon bei der Reihung an der ersten Schleuse wollen wir verhindern, dass es an den weiteren zu Staus und Wartezeiten kommt", sagt Ritzinger.

Nach der HTL für Möbel- und Innenausbau wollte die auf einem Bauernhof bei Neumarkt in der Steiermark aufgewachsene Forscherin eigentlich Mathematik studieren. Das Vorbild ihres Bruders, der ihr empfahl, Mathematik und Logik mit "Hand und Fuß" - also, wie er, Informatik - zu studieren, war stärker. Der Weg führte über Informatik an der TU Wien an die University of California und wieder zurück nach Wien ans AIT. Dass nach wie vor vergleichsweise wenige Frauen Informatik studieren, bekümmerte sie nicht: "Ich hatte nie Scheu, in die Technik zu gehen." (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 11.3.2015)