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Zwei Polizisten wurden angeschossen.

AP/Laurie Skrivan

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Demonstranten blockieren ein Polizeifahrzeug.

Foto: REUTERS/ KATE MUNSCH

Eigentlich sollte es eine kleine Freudenfeier werden. Mit dem Rücktritt Thomas Jacksons, des Polizeichefs von Ferguson, hatten die Demonstranten eines der Ziele erreicht, für die sie seit dem vorigen Sommer auf die Straße gehen. Als das Pulverfass Ferguson nach dem Tod des Teenagers Michael Brown explodierte, hatte Jackson nicht nur heillos überfordert gewirkt, sondern auch den Eindruck vermittelt, als gehe ihm nicht wirklich zu herzen, was an jenem Augusttag geschah, und sei es auch nur, weil er ungeschickt kommunizierte.

Sieben Monate nach der Tragödie nimmt der 58-Jährige seinen Abschied, abgefunden mit einem Jahreslohn, 96.000 Dollar (90.200 Euro). In der Kleinstadt am Rande von St. Louis ist er der sechste Amtsträger, der abtritt, nachdem ein Untersuchungsbericht des Justizministeriums eine Welle von Demissionen ausgelöst hatte. Erst gingen zwei Polizisten und eine Gerichtssekretärin, die sich mit rassistischen Witzen über die Familie Obama, die erste schwarze im Weißen Haus, lustig gemacht hatten. Ihnen folgte Ronald Brockmeyer, Richter am Amtsgericht, der praktisch alles, was sich die vornehmlich weiße Polizeitruppe gegenüber den mehrheitlich schwarzen Bewohnern Fergusons an Schikane einfallen ließ, juristisch deckte. Dann räumte John Shaw, der Chef der Stadtverwaltung, seinen Posten, ein Manager, der die Uniformierten gezielt dazu anhielt, die Einnahmen aus Bußgeldern, etwa von Falschparkern, drastisch zu erhöhen. Und schließlich Jackson.

Nach den Worten Kayla Reeds, einer jungen Aktivistin, sollte der Teilerfolg gefeiert werden, mit einer spontanen Kundgebung vor der Polizeiwache, einem modernistischen Betonwürfel an der South Florissant Road. Zugleich, sagte Reed, wollte man deutlich machen, dass sich Grundsätzliches ändern müsse bei den Polizeikräften, zumal deren alter Chef nur eine Symbolfigur für das Übel war. "Jackson war nicht derjenige, der uns in Kampfmontur gegenüberstand und Tränengasgranaten auf uns feuerte. Nur neue Gesichter für dieselbe alte Kultur, das wird nicht reichen." Rund 150 Demonstranten zogen am Mittwochabend vor der Polizeistation auf, und als die Lage nach Mitternacht eskalierte, waren etliche bereits nach Hause gegangen.

Schwere Verletzungen

Viermal, kurz hintereinander, schildert ein Zeuge, der Fotograf Bradley Rayford, seien Schüsse gefallen. Nach seinem Eindruck seien sie von einem Hügel, aus rund zweihundert Meter Entfernung, abgegeben worden. Einen Polizisten traf eine Kugel an der Schulter, einen zweiten im Gesicht. In beiden Fällen, hieß es aus dem Krankenhaus, in dem sie behandelt werden, seien die Verletzungen schwer, wenn auch nicht lebensbedrohlich.

Über das Motiv der Täter herrscht einstweilen Rätselraten. Es sei ja nicht so gewesen, dass sich zunehmende Spannungen in einer bewaffneten Attacke entladen hätten, eher seien die Proteste in relativ geordneten Bahnen verlaufen, schildert Deray McKesson, ein Blogger. In den Reihen der Demonstranten habe niemand zu einer Waffe gegriffen, ist er sich ziemlich sicher. Falls McKessons Beobachtungen stimmen, legt es den Schluss nahe, dass es Provokateure gibt, die Öl ins Feuer gießen wollen. In Washington rief Claire McCaskill, die demokratische Senatorin von Missouri, denn auch eilig dazu auf, ruhig zu bleiben. "Es ist höchste Zeit für Reformen, Zeit für einen Heilungsprozess. Gewalt darf in diesem Prozess keinen Platz haben."

Nach dem Rücktritt des Polizeichefs von Ferguson versammelten sich Protestierende spontan vor der Polizeiwache. Schüsse ließen die Lage nach Mitternacht schließlich eskalieren. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 13.3.2015)