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"Top Gear"-Moderator Jeremy Clarkson wurde suspendiert.

Foto: AP/Dunham

Jeremy Clarkson ist ein personifizierter Vollpfosten-Verdacht - meinen Kritiker. Für Fans des soeben von der BBC suspendierten Moderators des Auto-TV-Magazins "Top Gear" war und ist der 55-Jährige der letzte Bewahrer der politischen Unkorrektheit. Derbe Witze, Machosprüche, schnelle, schöne Autos - das war das Motoröl, das Top Gear am Laufen hielt.

Gleichzeitig hatte der Brite mit seiner wöchentlichen Sendung ein Multimillionen-Business aufgezogen. Das TV-Magazin läuft in über 100 Ländern, dazu kommen Franchises, ein Automagazin und Merchandising. 150 Millionen Pfund (211 Millionen Euro) spülte der Mann aus dem nordenglischen Doncaster im vergangenen Jahr in die Kassen der BBC. 850.000 Euro hat der Starmoderator - an dessen Seite die Kollegen Richard Hammond und James May bestenfalls Sidekicks sind - im Jahr 2012 kassiert.

Kein schlechtes Salär für einen ehemaligen Lokaljournalisten, der Mitte der 1980er ein Schreibbüro für Autotests gründete und 1988 zu Top Gear stieß. Rasch baute der Gatte seiner Managerin und dreifache Vater das verschnarchte Format dank technischen Wissens und Muts zum Irrwitz zur weltweit wichtigsten Sendung des Genres um. Während andere artig Bremswege vermaßen, verpackte diese Sendung Automobile in teils liebevolle, teils anarchische Storys. Supersportwagen, bizarre Geräte, Stunts, Sprengstoff, Highspeed, garniert mit echten Stars: Pedal to the Metal!

Zugleich schenkte der Mann mit der fortgeschrittenen Autofahrerfigur (Spitzbauch, Flacharsch, Storchenbeine) den Konzernen kräftig ein. Mit bissigem Witz richtete er manche Automodelle hin. Clarkson, der Held, der sich traut, der Wutlenker. Das kam beim Publikum an. Weniger gut kamen die regelmäßigen Ausfälle des Meisters an: Radfahrer und Grünbewegte sind ihm Hassobjekte. Streikende Arbeiter? Sollten erschossen werden. Labour-Premier Gordon Brown? Ein "einäugiger Idiot".

Je erfolgreicher der Militaria-Fan wurde, umso derber gerieten die Scherze. Die BBC schaute lange zu. Wiederholt ließen sie Problemaussagen über Behinderte, Schwule, Suizidanten und die Bewohner jener Länder, die Top Gear im Neo-Kolonialistenstil bereiste, durchgehen. Nun zog der Sender die Reißleine: Clarkson habe, so lautet der Vorwurf, einen Produzenten geschlagen. Angeblich, weil ihm nach einem Außendreh statt des gewünschten Steaks eine Käseplatte vorgesetzt wurde. Ein skurriles, ein bezeichnendes Ende. (Stefan Schlögl, DER STANDARD, 13.3.2015)