Besonders heiß diskutiert: Darf die Küche Teil des Wohnraums sein ...

... oder ist die Küchentür unverzichtbar? Oft entscheidet man sich für einen Mittelweg, sagt der Experte.

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Sie soll viel Platz bieten, große, hohe Räume haben, hell sein, über Balkon oder Terrasse verfügen - so weit waren sich die derStandard.at -User einig, als sie im Rahmen einer Userdiskussion zur idealen Wohnung befragt wurden. Doch dann ging's ans Eingemachte: zweistöckige Wohnung - ja oder nein? Bad und WC in einem Raum? Und eine der ganz großen Kontroversen: Darf's eine großzügige Wohnküche sein - oder muss die Küche vom Rest der Wohnung abgeschirmt sein?

Ein User findet den Trend zu Wohnküchen "furchtbar" und führt aus: "Ich kann es nicht leiden, wenn mir die Gäste beim Kochen zuschauen oder gar auf die Idee kommen, helfen zu wollen." Auch bezüglich des Essensgeruchs wurden von vielen Postern Bedenken geäußert. Darüber zerbrechen sich auch Architekten den Kopf - etwa Erik Testor vom Wiener Architekturbüro Duda Testor Architektur. Die praktische Lösung liege oft in einem Mittelweg: einem Wohnraum, der nicht ganz rechteckig und etwas versetzt angeordnet ist, sodass gegebenenfalls eine Abtrennung zum Rest des Wohnzimmers möglich ist. "Unsere Erfahrung ist aber, dass Wohnküchen immer mehr gewünscht werden", sagt er. Ein Grund: Kochen werde immer mehr zu einem Lifestylethema - und die teure Designküche wolle man dann eben auch herzeigen.

Altbau oder Neubau?

Seine Traumwohnung fasst ein User mit "viel Platz" zusammen. Dabei spielt auch die Raumhöhe eine Rolle, die manchem Poster besonders wichtig ist: "Altbau mit mindestens 3,20 Meter Raumhöhe" wünscht er sich.

"Es wäre natürlich schön, wenn es auch Neubauten gäbe mit höheren Raumhöhen", merkt Testor an. Das fände er nachhaltig, weil man in solchen Zimmern beispielsweise ein Hochbett unterbringen könnte. Natürlich ist auch die Frage, wie viel Wohnraum wirklich nötig ist, eine, die gut überlegt sein will: Eine Wohnung mit 80 bis 90 Quadratmetern ist laut einem User für Singles, mit 120 bis 180 Quadratmetern für Familien mit Kindern ideal. Absolutes No-Go scheinen in dem Zusammenhang übrigens zu klein proportionierte Zimmer zu sein: "Zimmer mit zehn Quadratmetern finde ich lächerlich. Da bekommt man Platzangst", schrieb ein User.

Fehlender Stauraum

Damit viel Platz fürs Wohnen bleibt, wird oft an der falschen Stelle gespart, nämlich am Stauraum. Bei der Planung einer Wohnung gibt es laut Testor mehrere Optionen: ein eigener Abstellraum, eine Nischenlösung oder überhaupt ein Verzicht auf Stauraum. Manche Bauherren würden sich für Letzteres entscheiden - zugunsten eines großzügigen, hellen Erscheinungsbilds der Wohnung. "Das fällt vielen Mietern dann erst später auf", so Testor, der für mehr Stauraum plädiert - ein Ort in der Wohnung, an dem Dinge verstaut werden können, "ohne den Rest der Wohnung damit zu belasten. Denn ich glaube: So tickt der Mensch", sagt der Architekt. Oder zumindest die User.

Der fehlende Stauraum in Wohnungen, gepaart mit feuchten oder gar nicht erst vorhandenen Kellerabteilen, wird zunehmend zum Geschäftsmodell. Von einem unverhofften Comeback weiß Testor in dem Zusammenhang aber auch zu berichten: Weil die Küche wichtiger wird, werde auch die klassische Speis wieder mehr nachgefragt: "Die ist teilweise ziemlich weit oben in der Prioritätenliste."

Gemeinschaftsflächen heiß diskutiert

Ein Thema, das immer wieder kontrovers diskutiert wird (auch im Rahmen einer weiteren Userdiskussion), sind Gemeinschaftsflächen: "Nur sehr selten gehen solche Flächen langfristig ohne Drama aus", sagt dazu ein User. Fitness- und Partyräume, Küchen und Gemeinschaftsräume gibt es mittlerweile in vielen Wohnbauprojekten in Wien. Anfangs seien sie von manchen Bauträgern nur "aus Marketinggründen" eingeplant worden, doch diese Räume hätten sich mit Leben gefüllt, so Testor. Und die Menschen würden dafür immer offener - einerseits, weil sie immer älter würden und sich ihr Aktionsradius dadurch einschränke, andererseits, weil es in kleinen Wohnungen schnell eng werde.

Ein guter Gemeinschaftsraum muss jedenfalls wohlüberlegt sein, sagt Testor: Wichtig sei, wo im Haus man sie platziert und wie man sie konzipiert. Während ein Raum im Keller möglicherweise nicht so gut angenommen würde, habe er gute Erfahrungen mit hellen Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoß und mit Ausblick auf Garten oder Spielplatz gemacht.

Einige Themen sind dem Architekten in der Userdiskussion abgegangen: "Eigentlich hätte ich mir exotischere Wünsche erwartet", sagt er; etwa Wohnungen mit verschiebbaren Wänden oder Wohlfühlorten, mit einem schönen Ausblick, interessanten wechselnden Licht- und Schattenspielen oder einer angenehmen Geräuschkulisse wie einem Markt vor der Haustüre.

Lärm-Sensibilität steigt

Testor fehlte auch der Aspekt der Nachhaltigkeit in der Diskussion: "Die ideale Wohnung muss meiner Meinung nach auch funktionieren, wenn ich sie weitervermiete und wenn sich meine Familiensituation oder meine Mobilität ändert." Es sei aber der Job von Architekten, solche Gedanken einzubringen. Allgemein würden Menschen immer öfter so weit in die Zukunft planen - in zehn Jahren werde diese Denkweise in allen Köpfen angekommen sein.

Auch Fragen der Bautechnik und Bauphysik wurden kaum erwähnt. Doch auch diese "unmerklichen Basics" seien wichtig. Erhöhte Schalldämmanforderungen seien heute etwa ein Muss, weil die Menschen bei Geräuschen immer sensibler würden. Weitaus weniger planbar übrigens, aber für manche User so wichtig wie die Wohnung selbst: nette Nachbarn. (Franziska Zoidl, DER STANDARD, 14.3.2015)