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Ein Gruß zum Abschied. Gérard Depardieu trägt sein Geld lieber nach Russland als zum französischen Fiskus.

Foto: EPA / YURI KOCHETKOV

Es war vielleicht François Hollandes wichtigstes Wahlversprechen: Wer mehr als eine Million Euro im Jahr verdient, sollte, alles inklusive, 75 Prozent Steuern zahlen. Das sei ein "sowjetischer" Steuersatz, schimpfte die konservative Partei UMP. Doch der Ökonom Thomas Piketty gab dem Vorhaben mit seiner Kritik an den zunehmenden Einkommensunterschieden indirekt recht. Und der gewählte sozialistische Staatschef brachte das Gesetz dank der linken Mehrheit durch die Nationalversammlung.

Wie bekannt, hob es das Verfassungsgericht danach aus den Angeln. Allerdings nicht wegen der Besteuerungshöhe, sondern wegen Ungleichbehandlung von Doppelverdienern. Das Parlament änderte darauf die Zielscheibe der Steuer: Bezahlen musste sie nun das Unternehmen, das den Großverdiener angestellt hatte.

Trotz Zuspruchs durchgefallen

Anfang 2013 trat die Regelung in Kraft. Aber nur für zwei Jahre, wie von Hollande versprochen: Die Einnahmen sollten die Wirtschaftskrise überbrücken und überwinden helfen. Anfang 2015 hatte sie ihre Schuldigkeit getan und wurde in den Schubladen der französischen Fiskalgeschichte entsorgt. Immerhin könnte sie laut dem Ökonomen François Lenglet 2012 den Wahlsieg Hollandes ermöglicht haben. 61 Prozent der Franzosen hielten die Maßnahme in einer Umfrage für "gerechtfertigt" und "gerecht". Nur wenige Franzosen teilten das vom Rivalen Nicolas Sarkozy vorgebrachte Argument, die Reichensteuer treibe die Kapitalflucht an und enthalte damit dem Fiskus mehr Geld vor, als er mit der Steuer einnehme.

Rückblickend ist zu sagen, dass fast niemand die 75 Prozent Steuern zahlte. Betroffen waren nur tausend Großverdiener in 470 Firmen. Der offizielle Steuersatz betrug 50 Prozent und griff erst ab einer Million Euro. Wer 1,2 Millionen Euro einnahm, zahlte darauf 100.000 Euro Steuern. Dazu kamen die in Frankreich traditionell sehr hohen Unternehmensabgaben, die bis zu 25 Prozent des Einkommens erreichen können. Aber auch das ist selten. Wer fünf Millionen Euro an Einkommen, Beteiligungen, Aktien oder Dividenden erhielt, zahlte zwei Millionen Euro Steuern, dazu 1,2 Millionen an Abgaben. Machte insgesamt 72 Prozent. Nur wer über sechs Millionen Euro einnahm, musste 75 Prozent abliefern.

Der prominenteste Betroffene der Steuer war der Fußballer Zlatan Ibrahimovic, dessen Klub Paris Saint-Germain für seinen Starschützen tief in die Tasche greifen musste. Der Schauspieler und Alleinunternehmer Gérard Depardieu hatte sein Steuerdomizil hingegen schon vorher nach Belgien und Russland verlegt.

Insgesamt brachte die Steuer 500 Millionen Euro ein. Das war sehr wenig. Weniger als der politische Effekt jedenfalls. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 14.3.2015)