Berlin/Wien – Günther Jauch hat in seiner gleichnamigen Sendung am Sonntagabend Griechenlands Finanzminister Yannis Varoufakis mit einem Videoausschnitt mit Varoufakis' Stinkefinger an Deutschland konfrontiert. Ohne den korrekten zeitlichen Zusammenhang zu erwähnen, kritisieren die Medienblogger Stefan Niggemeier und Michalis Pantelouris.

"Stinkefinger für Deutschland"

"Der Stinkefinger für Deutschland, Herr Minister", sprach Günther Jauch Varoufakis nach dem Video an: "Die Deutschen zahlen am meisten und werden dafür mit Abstand am meisten kritisiert. Wie passt das zusammen?"

"Problem alleine lösen"

Nur: Der Ausschnitt, gekennzeichnet mit Mai 2013, und der Text dazu legte nicht dar, auf welche Zeit sich Varoufakis Aussage bezog, als er im Video davon sprach, "Griechenland sollte einfach verkünden, dass es nicht mehr zahlen kann" ... "und Deutschland den Finger zeigen und sagen: Jetzt könnt ihr das Problem alleine lösen."

Video: Varoufakis bei Jauch

Michael Lang

"Hätte man sagen sollen"

Niggemeier und Pantelouris vermissen den Zusammenhang: In dem Video von 2013 spreche Varoufakis als Wissenschafter und Regierungskritiker, er hätte im Jänner 2010 wie Argentinien den Staatsbankrott erklärt, und das innerhalb des Euro. Das sei vor den Hilfskrediten an Griechenland gewesen. Unumstritten ist das allerdings nicht. Die Finger-Passage soll sich auf 2010 bezogen haben, dass Griechenland bankrott gehen solle, dürfte auf das Jahr 2013 gemünzt gewesen sein. Dennoch: Der Stinkefinger ist aus dem Zusammenhang gerissen.

Varoufakis kritisierte bei Jauch, dass das Video manipuliert sei. Den Stinkefinger habe es nicht gegeben. Zu "Spiegel Online" sagte Griechenlands Finanzminister, dass ihn die Redaktion absichtlich schlecht dargestellt habe. Und: "Das Video wurde ohne jeden Zweifel gefälscht."

NDR-Chefredakteur Andreas Cichowitz räumte auf Niggemeiers Kritik via Twitter ein: "Dass er sich auf 2010 bezog, häte man allerdings sagen sollen."

ARD: Keine Anzeichen von Manipulation

Das Stinkefinger-Video selbst ist nach Angaben der Redaktion von Günther Jauch allem Anschein nach echt. Nach bisherigem Kenntnisstand gebe es keinerlei Anzeichen von Manipulation oder Fälschung im Video, erklärte die Redaktion der ARD-Talkrunde am Montag in Berlin.

Die Redaktion lasse aber weiterhin durch mehrere Netzexperten die Echtheit des Videos prüfen. Auch der für den Talk zuständige Norddeutsche Rundfunk (NDR) teilte auf Anfrage mit, er prüfe. (red, APA, derStandard.at, 16.3.2015)

Hier sehen Sie den gesamten Vortrag. Relevant wird es ab der 37. Minute:

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