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Richard Stallman kämpft seit Jahrzehnten für freie Software

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Er ist als Präsident der Free Software Foundation einer der einflussreichsten IT-Philosophen

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Es besteht kein Zweifel, dass der heute 62-jährige Richard Stallman eine Karriere wie Steve Jobs, Bill Gates oder andere IT-Milliardäre hinlegen hätte können. Denn er sei mindestens so visionär und einflussreich wie die genannten, schreibt der New Yorker in einem ausführlichen Portrait über Stallman. Doch dieser entschied sich gegen finanzielle Verlockungen – und kämpft seit über dreißig Jahren für die Freiheit von Software und deren Nutzern.

Unix

Der Auslöser für Stallmans Engagement: Ab den späten 1960er hatte das AT&T Bell Lab gemeinsam mit Universitäten das UNIX-Betriebssystem entwickelt. Ein Vertrag mit der US-Regierung verhinderte, dass AT&T die Software einschränken und verkaufen konnte. Doch 1982 wurde die Unternehmensstruktur von AT&T verändert, wodurch der Vertrag seine Gültigkeit verlor. Plötzlich begann der Konzern, Unix kommerziell zu verbreiten.

Warnzeichen

Für Stallman war das ein Warnzeichen. Er begann 1983, Mitstreiter für ein alternatives Betriebssystem zu suchen, das zwar mit Unix funktionieren, aber frei sein sollte. Daraus entstand GNU, ein sogenanntes rekursives Akronym: Denn die Abkürzung steht für "GNU's Not Unix", verweist also auf sich selbst. Das sei nur eine der vielen Spielereien, die das Hacker-Ethos der damaligen Zeit widerspiegle, schreibt der New Yorker. 1985 veröffentlicht Stallman dann das GNU Manifest, das bis heute als einer der wichtigsten Texte in der IT gilt.

Freiheit

Stallman beschwert sich darin, dass Software-Konzerne mit proprietären Lösungen ihre Kunden entzweien und erobern wollen. Dadurch würde der Grundgedanke des Programmierens entehrt werden, so Stallman weiter. Er rief dazu auf, "freie Software" bereitzustellen, was sich übrigens weniger auf "kostenfrei" als vielmehr auf "Freiheit" bezieht. Denn jeder Nutzer soll auch selbst in er Lage sein, die Programme nach Belieben zu verändern – mit der Einschränkung, dass er sie nie kommerziell verkaufen dürfe.

Kein kommerzieller Vertrieb

Das ist auch einer der großen Unterschiede zur Open Source-Bewegung, die in den 1990ern massive an Anhängerschaft gewonnen hat (wobei hier die Begrifflichkeiten divergieren). So ist etwa bei Software, die als "Public Domain" lizensiert wird, durchaus eine kommerzielle Verbreitung durch Unternehmen möglich. Das wollte Stallman auf jeden Fall für GNU verhindern. Tatsächlich gibt es heute dank GNU und dem GNU Manifest eine Vielzahl von freien Programmen, man denke etwa an GNU/Linux.

Dominanz durch Apple und Co

Gleichzeitig hat proprietäre Software – wie von Stallman befürchtet – heute eine erschreckende Dominanz erlangt. Egal ob Apple, Facebook oder Microsoft: Von Konzernen kontrollierte Programme sind allgegenwärtig, Nutzer wissen oft selbst nicht, was mit ihren Daten geschieht und welche Funktionen die Software auf ihren Geräten heimlich ausführt. Besonders angesichts des globalen Überwachungsskandals gewinnt dies an Relevanz. So erklärt Stallman gegenüber des New Yorkers, er nutze kein Skype, da dieses "für NSA-Spionage designt" worden sei. Ebenso wenig verwende er den Flash Player, da dieser Nutzer verfolge. Selbst ein Smartphone besitzt Stallman nicht.

Masse an Nutzern desinteressiert

Ob Stallman, der heute Präsident der Free Software Foundation ist, sein Ziel erreicht hat, mag er selbst nicht beurteilen: Er sei glücklich, etwas machen zu können, wodurch er sich selbst noch respektiere. Dass die Masse an Nutzern nicht so viel Wert auf "freie Software" lege, sei ihm klar. "Im Grunde sind US-Amerikaner politisch naiv", so Stallman. Man müsse nur den Kongress heranziehen: "Man kriegt US-Amerikaner dazu, ihr Geld den Reichen zu geben. Man muss nur ein paar vorherhersehbare, dumme Dinge zu ihnen sagen, und die meisten fallen drauf rein." Aber aufgeben will Stallman deshalb nicht. Denn dann "hat man sowieso verloren." (fsc, derStandard.at, 18.3.2015)