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EZB-Präsident Mario Draghi muss sich immer wieder Kritik gefallen lassen. Auch von der BIZ, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

Foto: reuters/pfaffenbach

Wien/Basel – Die lockere Geldpolitik vieler Notenbanken, die die Zinsen in den Boden und die Rendite vieler Staatsanleihen sogar in den negativen Bereich gedrückt hat, stellt eine Gefahr für das globale Finanzsystem dar. Das sagt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die als Dachinstitut so etwas wie die Mutter der Zentralbanken ist. Die Geldpolitik habe zu nie vorher gesehenen Bedingungen an den Anleihemärkten geführt, schreibt die BIZ in ihrem neuen Quartalsbericht.

Halte diese "beispiellose Entwicklung" weiter an, dürften technische, wirtschaftliche, rechtliche und sogar politische Grenzen ausgetestet werden, sagte der Chefökonom der Organisation, Claudio Borio, bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. "Die Konsequenz daraus sollte genau beobachtet werden, da die Auswirkungen auf das Finanzsystem und darüber hinaus zweifellos bedeutsam sein werden", sagte Borio. Die Grenzen des Undenkbaren seien derzeit außergewöhnlich dehnbar.

Die BIZ ist seit der Finanzkrise in den USA so etwas wie ein Gegenpol zu ihren Mitgliedern. Während nun auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit Anleihekäufen begonnen hat und damit den Instituten in den USA, in Japan und Großbritannien nachfolgt, warnt die BIZ schon seit längerem vor den Nebenwirkungen der Politik des billigen Geldes.

Die niedrigen Zinsen würden Investoren erneut in riskantere Anlageklassen locken, was die Preise vieler Vermögenswerte in Rekordhöhen treibe, schreibt die BIZ im Bericht. In den vier Wochen seit der Ankündigung der Anleihekäufe durch die EZB seien 19 Milliarden Dollar in europäische Aktienfonds geflossen. Das gab es laut BIZ in so einer kurzen Zeit noch nie. Auch von Unternehmen begebene Ramschanleihen fänden so viel Absatz wie seit einem Jahr nicht mehr.

Die Politik der EZB schwappe auch auf die USA über. In Fonds, die mit US-Staatsanleihen gefüllt sind, sei so viel Geld geflossen wie seit einem Jahr nicht mehr. Die EZB drückt durch ihre Wertpapierkäufe die Rendite von europäischen Staatspapieren. Investoren können dadurch in den USA relativ mehr Geld verdienen. Das habe auch dort die Rendite auf Staatsanleihen wieder etwas gesenkt, so die BIZ. Auch in den USA schlummert für die BIZ eine Gefahr.

Dort steht nach Erwartungen vieler Analysten eine Zinswende bevor. Die Notenbank Fed könnte bald die Leitzinsen anheben. Während die Konjunktur in der Eurozone nämlich nur langsam in Schwung kommt, läuft der Motor in den USA wie geschmiert. Die bevorstehende Zinswende in den USA und die weitere Lockerung der Geldpolitik in den USA haben zuletzt den Dollar stark an Wert gewinnen und den Euro an Wert verlieren lassen.

Der starke Dollar ist für die BIZ Grund zur Sorge. Seit Ende 2009 habe sich der Bestand an Dollarkrediten außerhalb der USA verdoppelt. 9,2 Billionen Dollar sind laut BIZ ausständig. Dabei werden nur Kredite an Nichtbanken gezählt. Darunter fallen jedoch auch Finanzinstitute, die regulatorisch nicht als Banken zählen.

Steigt der Dollar, wird die Rückzahlung dieser Kredite teurer. In Schwellenländern sei es zu einem sprunghaften Anstieg von solchen Dollarkrediten gekommen. "Die Schwachstellen sind größer geworden", schreibt die BIZ in einer Mittelung, "als Folge des kräftigen Kreditwachstums in mehreren Ländern, die von der Krise weniger stark betroffen waren."

Auch die Situation in China bereitet der BIZ Kopfschmerzen. Zwischen Ende September 2013 und 2014 ist das Volumen an vom Ausland geborgtem Geld in China um 40 Prozent gestiegen. In China machen Kredite in ausländischer Währung aber weniger als zwei Prozent der gesamten Kredite aus. In Brasilien sind es vier Prozent, in der Türkei sieben Prozent. Die gesamte Verschuldung in China ist in den vergangenen Jahren aber explodiert. Der Anstieg ausländischer Kredite sei zuletzt aber nur mehr sehr klein gewesen, so die BIZ.

Die mögliche Wende des chinesischen Finanzzyklus, also der Beginn des Kreditabbaus nach einer Phase eines starken Aufbaus, müsse angesichts der knapper werdenden Dollar-Finanzierungen "genau beobachtet werden". (Andreas Sator, derStandard.at, 18.3.2015)