Zerschundene Schaufensterpuppen, beklebt mit Perlen, Federn, Draht, Blattgold, immer wieder übermalt, zerrissen und geflickt; das Gesicht als Zifferblatt, Gips und aufgeklebte Glassplitter, so beschreibt Harald Krejci (Belvedere-Kurator Slg. 20. Jahrhundert) die in den 1960er-Jahren von Helmut alias Maître Leherb geschaffenen Plastiken. Optional zierten deren Häupter ausgestopfte Tauben und sorgten solcherart assemblierte Puppen international für Aufsehen. Der Bezug zur legendären Pariser Ausstellung 1938, in der unterschiedlich gestaltete Schaufensterpuppen defilierten, lag bezüglich des Revivals des Surrealismus seit den 1950er-Jahren auf der Hand.
Im Zuge der kommende Woche anberaumten Auktion zeitgenössischer Kunst gelangen bei "im Kinsky" (24. 3.) 70 Positionen aus dem Künstlernachlass zur Versteigerung. Die Bandbreite reicht von Grafiken und Ölbildern über Porzellanobjekte und Arbeiten von Leherbs Ehefrau Lotte Profohs bis zu Skulpturen, zu Schätzwerten von 3000 bis 27.000 Euro.
Dazu gehört beispielsweise auch ein Paar präparierter Vögel mit Schmucksteinen (1000-2000), die repräsentativ für Leherbs Experimentierfreude mit Kadavern steht, die auf das Auslöschen der Empfindung für Vergänglichkeit abzielte. Teils waren sie mit Glassplittern, teils mit bunten Perlen oder auch Edelsteinen von Cartier verziert. Leherb-Fan Gunter Sachs schenkte seiner Brigitte Bardot zwei dieser gepimpten Vögelchen.
Tote Tauben und Flitterpuppen
Für Furore könnten die ursprünglich für die Biennale Venedig 1964 geschaffenen Zeitzerstörungs-Skulpturen (10.000-20.000 Euro) sorgen. Dabei handelt es sich aus Marktsicht um absolute Raritäten und um Relikte eines längst vergessenen Skandals. Der Kunsthistoriker, Experte barocker Ikonologie und spätere Mak-Direktor (1968-78) Wilhelm Mrazek und der damalige Wiener Landeskonservator und Sekretär des Art Club Alfred Schmeller hatten Leherb damals als Biennale-Repräsentanten gewählt. Geplant war ein tiefblauer Pavillon, in dem tiefblaues Wasser über die Puppen rieseln sollte, während tote Tauben, Regenschirme und Flitterpuppen an den Wänden klebten, beschreibt Krejci.
Dazu sollte es aber nicht kommen, denn der neu berufene Unterrichtsminister Theodor Piffl-Percevic erklärte die Wahl für nichtig, worauf Österreich der Biennale fernblieb. Die Häme in den internationalen Medien ließ nicht auf sich warten. Walter Koschatzky bezeichnete das Kunstverständnis dieses Ministers in seinen Memoiren später als "erschreckend gering". (kron, DER STANDARD, 21./22.3.2015)