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Haruhiko Kuroda, Chef der japanischen Notenbank, lobt die qualitative Lockerung der Geldpolitik. Damit sei es gelungen, den deflationären Trend zu brechen, der das Land jahrelang lähmte.

Tokio - Japans Wirtschaft ist auf bestem Weg, die zwei Jahrzehnte der Deflation hinter sich zu lassen. Davon ist zumindest Haruhiko Kuroda überzeugt. Der Präsident der japanischen Notenbank, der seit mittlerweile zwei Jahren die Geldpolitik des Landes verantwortet, wies vor Auslandsjournalisten auf das Instrument des "quantitative easing" hin, der Geldvermehrung durch den Aufkauf von jetzt 70 Prozent aller neuausgegebenen Staatsanleihen durch die Zentralbank. Damit sei es gelungen, den deflationären Trend zu brechen.

Das Ziel einer Inflationsrate von zwei Prozent habe man allerdings noch nicht erreicht, räumte Kuroda ein. Die Abwertung des japanischen Yen als Folge des Ankaufs der Staatsanleihen hat japanische Waren im Ausland billig gemacht und beschert den Unternehmen Rekordprofite.

Kuroda zufolge befindet sich der Index für die Konsumpreise in einer Aufwärtsbewegung, und die Menschen beginnen an eine milde Inflation zu glauben, was sie verleitet, mehr zu konsumieren. Die Unternehmen ihrerseits würden ermutigt, mehr zu investieren. Das optimistischere Wirtschaftsklima hat viele Unternehmen im Vorjahr auch zu Lohnerhöhungen verleitet. Das dürfte sich heuer fortsetzen. Kuroda wollte sich dazu aber nicht weiter äußern, weil die Lohnverhandlungen der großen Unternehmen noch nicht abgeschlossen seien.

Wenig Arbeitslose

Als positiv strich Kuroda auch die Arbeitsmarktentwicklung heraus, die Arbeitslosenquote liege bei 3,5 Prozent, der Arbeitsmarkt sei also nahe der Vollbeschäftigung, wodurch es Druck auf Unternehmen gebe, höhere Löhne zu zahlen. Dem Trend auf dem Arbeitsmarkt entspricht die Ankündigung der großen Betriebe, 2016 mehr Universitätsabgänger einzustellen. Das bedeutet mehr Festanstellungen mit Arbeitsplatzgarantie und Sozialversicherung.

Laut den Zahlen, die Anfang März bekannt geworden sind, ist das Bild der wirtschaftlichen Entwicklung aber nicht so rosig. Dem National Labor Institute zufolge bekamen Japans Arbeitnehmer den kleinsten Anteil an den Firmengewinnen seit 1991. Das Einkommen der Arbeitnehmer habe seit der Amtsübernahme der Regierung von Shinzo Abe im Dezember 2012 abgenommen. Wenn die Einkommen aber nicht nachhaltig stiegen, werden die Nachfrage und der Konsum nicht steigen. Damit könnte es aber auch nicht zu den zwei Prozent Inflation kommen, bei denen wirklich von einer überwundenen Deflation gesprochen werden könne.

Der Notenbankpräsident sprach im Foreign Correspondent Club auch nicht über das Lohngefälle zwischen den großen für den Exportmarkt produzierenden Firmen wie Toyota und den kleinen und mittelgroßen Firmen, die nur für den heimischen Markt produzieren oder im Servicesektor tätig sind. Für diese arbeitet der bei weitem größte Teil der japanischen Arbeitnehmer. Ihre Arbeitnehmer haben vergangenes Jahr keine Lohnerhöhungen bekommen, allenfalls höhere Bonuszahlungen. Das wird vermutlich heuer nicht anders werden. Zugute kommen den Unternehmen, die nur auf dem Binnenmarkt tätig sind, aber zumindest die gesunkenen Energiekosten aufgrund des gefallenen Ölpreises.

Revidierung der Zahlen

Den Daten vom März zufolge mussten auch die Zahlen für die Wirtschaftsentwicklung im vierten Quartal 2014 noch einmal nach unten revidiert werden. Demnach wuchs die Wirtschaft in diesem Quartal auf das ganze Jahr hochgerechnet um 1,5 Prozent und damit geringer als in der vorläufigen Schätzung von 2,2 Prozent, die auch schon niedriger waren, als Ökonomen erwartet hatten.

Als Hauptursache für das niedrigere Wachstum gelten geringere Firmeninvestitionen, als dies vorher angenommen worden war. Dagegen stieg der Konsum überraschenderweise um zwei Prozent, während nur 1,1 Prozent erwartet worden waren.

All das ergibt ein weniger optimistischeres Bild als das, das der Präsident der Bank of Japan (BoJ) im Foreign Correspondent Club gemalt hatte. Aber es enthält eben auch einige positive Momente.

Vieles spricht dafür, dass sich Japans Wirtschaft weiterhin ohne klaren Trend entwickeln wird. Anders als BoJ-Präsident Kuroda vorhersagte, dürfte die zweiprozentige Inflation kaum erreicht werden. Aber auch der Rückfall in die milde Deflation früherer Jahre ist unwahrscheinlich. Die Leidtragenden dieser Situation sind aber vor allem die vielen unregelmäßig Beschäftigten, an deren unbefriedigender Arbeitssituation sich nichts ändern dürfte. (Siegfried Knittel aus Tokio, DER STANDARD, 24.3.2015)