London - "Immense Erfahrung, Flair, Wärme, Ideenreichtum und beachtliche Energie": So beschreibt der bisherige und auch künftige Chef von Katherine Viner die nächste Chefredakteurin des Guardian. Alan Rusbridger (62) wechselt im Sommer nach 20 Jahren als Chefredakteur an die Spitze des Scott Trust, dem die britische Tageszeitung und vor allem ihre globale starke Onlineplattform gehört. Vize Viner (44), das ist wie berichtet seit Freitag offiziell, übernimmt.
Der Scott Trust schloss sich damit dem Votum der Mitarbeiter an: 53 Prozent der Stimmen versammelte sie bei einer internen Abstimmung über vier Kandidaten, die sich Hearings der Redaktion stellten.
"Guardian" seit 1997
Nach Cosmopolitan und Rupert Murdochs Sunday Times kam Viner schon 1997 mit 26 zum Guardian; zunächst bei Magazinen und Feature. 2013 leitete sie die digitale Expansion des Guardian nach Australien; 2014 übernahm sie die Führung der erfolgreichen US-Ausgabe. Vorgängerin Janine Gibson hat sie zur zeitweilig größten nichtamerikanischen Info-Plattform in den USA aufgebaut, nicht zuletzt mit den Enthüllungen von Edward Snowdon über die Bespitzelung der NSA.
Gibson war eine der vier Mitbewerberinnen in den Hearings, neben Digitaldirektor Wolfgang Blau, früher Zeit Online-Chef, und Ian Katz, der 2013 nach dem Guardian die Führung von Newsnight bei der BBC übernommen hat. Katz war neben Viner in der Endauswahl des Scott Trust.
Von Männern geführte Unternehmen spielten 122 Prozent des investierten Geldes herein, von Frauen geführte 340 Prozent, twitterte Viner nach ihrer Wahl.
Beim Guardian gäbe es da noch zu tun: Der Publikumserfolg der globalen Digitalstrategie schlägt sich bisher nicht in den Ergebnissen nieder: Im Geschäftsjahr 2014/15 verringerte das Medienhaus seine Verluste auf rund 42 Millionen Euro. Der Scott Trust ist nicht auf Gewinn gerichtet - und hat noch Reserven. (fid)