Der irische Kollege dürfte verwirrt gewesen sein. In der Hotellobby standen auffallend viele "pimps and hookers", also Zuhälter und Prostituierte, wie er über ein Hotelbewertungsportal wissen ließ: Irrtümlich hatte er sich in das "White Horse" eingebucht, das bekannteste Stundenhotel in Basel.

Ein Bett in Basel

Dumm gelaufen, aber wenigstens hat er ein Bett in der Stadt ergattert, wo Schlafplätze während der größten Uhrenmesse der Welt, der Baselworld, begehrt sind. Immerhin erwartete die Messeleitung zwischen 19. und 26. März 150.000 Besucher, 1.500 Marken aus 40 Ländern machen hier bis zu zwei Drittel ihres Jahresumsatzes.

Während andere Events, wie der Salon de la Haute Horlogerie (SIHH) in Genf, nur den luxuriösen Teil der Uhrenbranche widerspiegeln, ist in Basel die ganze Uhren- und Schmuckwelt präsent.

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Die Baselworld ist die größte und wichtigste Uhrenmesse der Welt.
Foto: EPA/Georgios Kefalas

Heuer lagen die Übernachtungskosten noch höher als im vergangenen Jahr, was auf den starken Franken zurückzuführen ist, der sich Anfang des Jahres seiner Bindung an den Euro entledigt hatte. Das sorgte schon im Vorfeld für Unmut unter Einkäufern, die das Gros der Messebesucher ausmachen. Die Aussteller mussten im Zusammenhang mit der Modernisierung der Messeinfrastruktur bereits 2012 Preisaufschläge hinnehmen, nun wurde es noch happiger.

Angst um den Messestandort

"Umso unverständlicher ist es da, wenn einzelne Hotels ihre Zimmerpreise, die eh saisonal die höchsten sind, nochmals angehoben haben. Das hat bei einigen Firmen das Fass zum Überlaufen gebracht", ist in der Basler Zeitung zu lesen, wo man bereits Verständnis dafür zeigte, dass sich die Branche nach einem neuen Veranstaltungsort umsehen könnte.

Spaltet die Meinungen: Patek Philippes "Calatrava Pilot Travel Time" mit 42-Millimeter-Gehäuse.
Foto: Hersteller

Das wäre für den Messestandort verheerend, weil die Baselworld die mit Abstand profitabelste Veranstaltung für die Stadt ist - Hotels, Taxis, Restaurants machen in dieser Zeit ihre besten Geschäfte. Ebenso wie die einschlägigen Etablissements, die während der Messe - in den meisten Fällen - mit voller Absicht gebucht und besucht werden.

Situationselastisch

Den Frankenschock hat die Schweizer Uhrenindustrie, die im vergangenen Jahr Zeitmesser im Wert von umgerechnet rund 21 Milliarden Euro exportierte, offensichtlich gut verdaut. Auch wenn das nur ein Wachstum von 1,7 Prozent bedeutet - im Jänner habe die Lage noch schlimmer ausgesehen, wie man hört.

Das heißt, man hat sich der Situation angepasst und die Preise außerhalb der Schweiz erhöht: Zwischen fünf und zehn Prozent waren es bei Richemont und der Swatch Group, den größten Playern in der Branche. Damit versucht man die gestiegenen Produktionskosten in der Schweiz zu kompensieren.

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Hat die Preise seiner Luxuszeitmesser "harmonisiert": Thierry Stern, Präsident von Patek Philippe.
Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Einen vermeintlich umgekehrten Weg geht die Genfer Edeluhrenschmiede Patek Philippe. Sie ließ mit einer Nachricht aufhorchen, die es von dieser Marke noch nie zu hören gab: Man werde die Preise senken! Um fünf bis 22 Prozent. Aber nur in der Schweiz, in Nord- und Südamerika sowie in zahlreichen asiatischen Ländern. Käufer in Euroländern müssen hingegen sieben Prozent mehr investieren.

Von heute auf morgen billiger

"Weltweite Harmonisierung" nennt das die Manufaktur. Patek-Chef Thierry Stern entschuldigte sich auch gleich bei denjenigen, die sich vor kurzem eine Uhr gekauft haben und jetzt feststellen müssen, dass diese quasi von heute auf morgen um zehn Prozent billiger zu haben ist.

Weltzeit-Uhrwerk: Das B35 der "Galactic Unitime SleekT" ist das erste Breitling-Manufakturkaliber ohne Chronografenfunktion.
Foto: Hersteller

Von einem großen deutschen Uhren- und Schmuckhändler war zu hören, dass nach dem schlechten Weihnachtsgeschäft im Vorjahr die Verkäufe wieder gewaltig anzögen. 70 Prozent Umsatzwachstum im Februar wurde kolportiert. Auch in Österreich soll es nach den verhaltenen letzten Monaten wieder bergauf gehen. Ob dies an der "größten Steuerreform aller Zeiten" liegt, sei dahingestellt.

Ein paar Unsicherheiten

Für 2015 gehen Analysten von einem Exportwachstum zwischen vier und sieben Prozent aus. Aber wie immer sind diese Prognosen mit Vorsicht zu genießen. Denn es bleiben ein paar Unsicherheiten - volatile Wechselkurse, die nach wie vor unruhige Lage in Hongkong, Russlands schwache Wirtschaft, Apples Smartwatch.

Letztere hatte der kalifornische Technologiekonzern noch vor der Baselworld vorgestellt, wohl auch, um nicht in der Fülle an neuen Uhren, die dort präsentiert werden, unterzugehen. Die Smartwatch wurde dem ersten Hype zwar nicht gerecht, dennoch wird sie von den auf mechanische Zeitmesser spezialisierten Eidgenossen ernst genommen. Es gilt eine weitere "Quarzkrise", wie sie durch die Quarzuhr in den 1970er-Jahren ausgelöst wurde, zu vermeiden.

Wertstabile Statussymbole

Während sich Luxusuhren auch weiterhin ohne Gimmicks verkaufen lassen werden, weil deren Hersteller es geschafft haben, sie als Kunstwerke und wertstabile Statussymbole zu positionieren, wird der Smartwatch ein gewisses Gefahrenpotenzial für Armbanduhren im Einstiegspreissegment zugebilligt. Womit wir bei Swatch wären.

Mehrfach getestet: In der neuen Omega "Globemaster" tickt das Co-Axial-Master-Chronometer-Kaliber 8900/8901.
Foto: Hersteller

Der Uhrenkonzern hat mit seinen Einstiegsmodellen am meisten von der Apple Watch zu befürchten. Nur wenige Tage nachdem diese präsentiert wurde, kündigte man eine erweitere Serie der "Swatch Touch" an. Swatch-Chef Nick Hayek bringt Uhren mit Bezahlfunktion nach dem NFC-Standard auf den Markt. Dafür will Swatch mit der chinesischen Kreditkartenorganisation China Union Pay, einer Schweizer Bank und einer Kreditkartenfirma kooperieren.

Eine Luxus-Smartwatch

Im Luxusuhrenbereich hat sich Bulgari mit dem Sicherheitsunternehmen Wisekey zusammengetan und die "Diagono Magnesium" vorgestellt. Das ist eine "Conceptwatch" aus den Materialien Magnesium, Keramik und Kunststoff mit mechanischem Werk, in der aber auch ein NFC-Chip steckt, der eine Verbindung zum Handy aufbauen kann.

Die "Bulgari Diagono Magnesium" wie sie der Hersteller präsentiert.
Bulgari

Der Zeitmesser dient als Türöffner und Schlüssel zu allen Daten, die auf einem Hochsicherheitsserver in den Schweizer Alpen gebunkert sind. Und TAG Heuer, ebenso wie Bulgari zu LVMH gehörig, haut sich mit Google und Intel auf ein Packl, um den Burschen in Cupertino zu zeigen, wo der Bartl den Most herholt.

Mechanische Uhr

Neben den Innovationen, die von Apples Smartwatch angestoßen wurden, stand die Baselworld ganz im Zeichen der mechanischen Uhr. Sie ist weiterhin der Motor der Schweizer Uhrenindustrie - auch wenn die Zeit der XXL-Uhr fürs erste Geschichte ist. Denn die Gehäusedurchmesser werden wieder kleiner, wandern also in Richtung 40 Millimeter oder darunter. Beispielsweise die neu vorgestellte "Globemaster" von Omega, die es auf 39 Millimeter bringt.

Schlanke Linie: In der "Minimatik" von Nomos Glashütte gibt das neue Automatikkaliber DUW 3001 den Takt an.
Foto: Hersteller

Von dieser Entwicklung profitieren auch die Damenuhren. Als Beispiel sei das neue schlanke Automatikwerk DUW 3001 aus dem Hause Nomos Glashütte erwähnt. Das 3,2 Millimeter hohe Werk findet sich in der femininen "Minimatik" (Durchmesser 35,5 Millimeter) wieder.

Patek überrascht

Ausgerechnet Patek Philippe, jene Marke, die die 40-Millimeter-Diagonale als besonders kleidsam ausgerufen hat, handelt gegen diese Entwicklung und überrascht doppelt: mit einer Pilotenuhr, deren Gehäuse 42 Millimeter misst - beides gab's bei den Genfern so noch nie. (Markus Böhm, Rondo, DER STANDARD, 27.3.2015)