Wien - Michel Platini ist am Dienstag für vier weitere Jahre zum Präsidenten des Europäischen Fußballverbands gewählt worden. Der 59-jährige Franzose wurde beim UEFA-Kongress in Wien per Akklamation bestätigt, einen Gegenkandidaten gab es nicht.
Platini führt den Kontinentalverband seit 2007, er geht nun in seine dritte Amtszeit. "Es gibt mir das Gefühl, der Kapitän einer erfolgreichen Mannschaft zu sein", sagte der ehemalige Weltklassespieler in seiner Dankesrede.
Auch ÖFB-Präsident Leo Windtner unterstützt die Wiederwahl Platinis: "Es ist ihm gelungen, den Transfer von einer Spitzenpersönlichkeit auf dem Spielfeld zum Topfunktionär zu vollziehen", erklärte der Kongress-Gastgeber. "Er führt die UEFA erfolgreich und absolut transparent." Mit dem Verlauf des Kongress zeigte sich Windtner zufrieden. "Es ist alles in einer sehr angenehmen Atmosphäre abgelaufen", meinte der Oberösterreicher.
Warnung vor zunehmenden Extremismen
In seiner Eröffnungsrede hatte Platini den Mahner gegeben. Es sei "sehr lange her, seit wir in Europa zuletzt einer so starken Zunahme von Nationalismus und Extremismus gegenübergestanden sind", sagte der Franzose. "Diese schleichende Tendenz ist in unseren Stadien wiederzufinden, da der Fußball einen Spiegel der Gesellschaft darstellt. Aufgrund seiner Beliebtheit ist unser Sport ein Gradmesser für die Probleme auf unserem Kontinent." Und dieser Gradmesser zeige Beunruhigendes an.
"Die letzten Monate waren geprägt von Bildern, die ich nicht mehr für möglich gehalten hätte", sagte Platini. "Einige von uns haben diese Zeit miterlebt. Für mich liegt sie genau 30 Jahre zurück." Beim Meistercup-Finale 1985 in Brüssel waren bei schweren Ausschreitungen und einer folgenden Massenpanik 39 Menschen getötet worden. Das Spiel wurde dennoch angepfiffen. Platini schoss Juventus Turin mit einem Elfmeter zum 1:0-Sieg gegen Liverpool.
Mehr Kontrolle
"Niemand möchte so etwas jemals wiedererleben", betonte Platini. Der UEFA-Chef appellierte an die "Einsicht der Behörden", eine "nicht allzu ferne finstere Vergangenheit, in der Hooligans und Fanatiker jeglicher Art in bestimmten europäischen Stadien das Sagen hatten" zu verhindern.
Platini forderte eine Verschärfung der europaweiten Stadionverbote. Zudem sprach er sich erneut für die Schaffung einer europäischen Sportpolizei aus. Die UEFA sei aber weder Gesetzgeber noch Polizist. "Wir kämpfen allein mit unseren eigenen Mitteln, mit begrenzten Mitteln", erinnerte Platini. "Wir können jedoch nur dann als Sieger hervorgehen, wenn wir von den Behörden unterstützt werden."
Trotz CL-Milliarden negatives Gesamtergebnis
Finanziell ist es um die UEFA gut bestellt. Das geht aus dem Finanzbericht hervor, den die UEFA am Dienstag vorgelegt hat. Die Einnahmen aus der Champions League wurden in der Saison 2013/2014 noch einmal gesteigert. Die Europäische Fußball-Union generierte in der Königsklasse 1,445 Milliarden Euro. Im Jahr davor nahm die UEFA mit ihrem wichtigsten Wettbewerb 1,424 Milliarden Euro ein.
In der Europa League stiegen die Einnahmen von 242 Millionen auf 247 Millionen Euro. Die Gesamteinnahmen der UEFA beliefen sich auf 1,73 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von 1,8 Prozent. Beim Amtsantritt von UEFA-Präsident Michel Platini 2007 waren es noch 895,5 Millionen Euro gewesen.
Wie zuletzt für Jahre ohne EM-Turnier die Regel schloss die UEFA das Geschäftsjahr mit einem leicht negativen Ergebnis von 42,2 Millionen Euro ab. Daher sanken die Reserven auf 558,7 Millionen Euro. Das vom Exekutivkomitee genehmigte Budget für 2015/16 wurde vom Kongress einstimmig abgesegnet.
Blatter-Herausforderer blieben brav
Die drei Herausforderer von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter (79) blieben bei ihren Wahlkampfreden eher farblos. Prinz Ali bin Al Hussein (39), Luis Figo (42) und Michael van Praag (67) vermieden klare Ansagen in Richtung des Amtsinhabers, der am 29. Mai seine fünfte Amtszeit anstrebt, und wiederholten größtenteils ihr bekanntes Programm.
"Die Zukunft des Fußball bringt mich hierher", sagte Figo, der klarstellte: "Ich führe keine Kampagne gegen jemanden." Sondern für den Fußball. Prinz Ali sprach von einem "entscheidenden Zeitpunkt". Überall "machen sich Menschen sorgen um den Fußball", sagte der jordanische FIFA-Vizepräsident. Van Praag meinte: "Ich möchte der neue FIFA-Präsident sein, weil ich glaube, die FIFA sollte verbessert werden. Ich kann nicht akzeptieren, dass wir die FIFA so belassen - das Image ist geschädigt worden."
Bei allen fielen die Worte Solidarität und Integrität, Figo und Prinz Ali hoben zudem erneut die Möglichkeit hervor, die Anzahl der WM-Teilnehmer zu erhöhen. Van Praag betonte, dass er nur vier Jahre im Amt sein wolle.
Blatter hatte nur zu Beginn des Kongresses das Wort ergriffen und den Wahlkampf dabei nur sehr indirekt erwähnt. Das Angebot, am Ende noch einmal zu sprechen, schlug er aus. Platini über seinen Wunschpräsidenten: "Ich kann Ihnen nur sagen, wer nicht gewinnen soll."
Zwei Neue für die FIFA-Exekutive
Der Kongress von Wien entsandte auch zwei neue Mitglieder ins Exekutivkomitee des Weltverbandes FIFA. Bei der Wahl des britischen Vertreters, den heuer erstmals der die UEFA vornahm, setzte sich der Engländer David Gill, bis 2013 Geschäftsführer von Manchester United, durch.
Für Resteuropa folgt der Deutsche Wolfgang Niersbach in der Fußball-Weltregierung seinem scheidenden Landsmann Theo Zwanziger nach. Der DFB-Präsident war der einzige Kandidat. Dazu wurden auch in der UEFA-Exekutive sieben Posten für vier Jahre vergeben. Neu im Gremium ist unter anderem der frühere WM-Torschützenkönig Davor Suker aus Kroatien.
Schließlich verabschiedete man eine Absichtserklärung, wonach es künftig auch der Spielergewerkschaft, der Klubvereinigung oder den Profiligen ermöglicht werden soll, einen Sitz im Exekutivkomitee zu erlangen. Bisher sind dort wie in der FIFA ausschließlich Vertreter nationaler Verbände vorgesehen. "Das ist eine große Änderung für den Fußball", meinte Platini. "Wir sind eine Organisation, die mit der Zeit geht." (APA, sid, red, 24.3.3015)