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Gemüse aus Ägypten genießt in der Ökoszene seit Jahren einen zweifelhaften Ruf.

Foto: AP/Hirschberger

Wien - Sie scheinen makellos. Kein dunkles Auge, keine Triebe stören ihre Schale. Jung und frisch sind sie, während ihre Pendants aus kälteren Gefilden Monate der Lagerung hinter sich haben. Bioerdäpfel aus der ägyptischen Wüste haben in Europa ab Mitte März Hochsaison. Nun ist es um sie aber geschehen: Sie sind mit Phosphonsäure belastet, einem Düngemittel mit fungizider Wirkung.

Im biologischen Weinbau ist es in Deutschland dank einer Sonderzulassung erlaubt, bei biologischen Erdäpfeln aber ein absolutes Tabu. 15.000 Tonnen werden derzeit aus dem Verkehr gezogen und zu konventioneller Ware abgewertet. Ein Volumen, das dem gesamten österreichischen Bedarf an Bioerdäpfeln entspricht.

Deutschland steht bis Mitte Mai ohne Knollen aus Bioanbau da. Bis auf wenige Ausnahmen sucht der gesamte Handel hektisch Ersatz. In Österreich nehmen Rewe und Spar von Bio aus Ägypten Abstand - sie sind dank regionaler Lieferanten aus dem Schneider.

Gemüse aus Ägypten genießt in der Ökoszene seit Jahren einen zweifelhaften Ruf. Angebaut wird auf riesigen Feldern mitten in der Wüste. Wie bei Ölbohrungen holen Großkonzerne fossiles Wasser tief aus den Boden und zapfen die knappen Ressourcen des Landes an. Sozialen und wirtschaftlichen Nutzen für die lokale Bevölkerung gibt es nicht. Angewiesen ist der Handel auf die Ware nicht: Sie dient vielmehr dazu, Preise für Deutschland und damit auch für Österreichs Exporteure gering zu halten, sagt Bioexperte Wilfried Oschischnig: "Wertvolle Wasserreserven werden für ein europäisches Marktspiel missbraucht."

Unverkäufliche Lagergemüse

Der Großhandelspreis für ägyptische Bioerdäpfel hätte sich auf knapp 70 Cent pro Kilo belaufen. Im Handel wären sie um gut zwei Euro zu haben gewesen. Zum Vergleich: Die Ernte österreichischer Bauern aus dem Vorjahr ist im Großhandel weniger als 30 Cent wert. Tonnen an Lagergemüse werden als unverkäuflich entsorgt, sagt Oschischnig. Er hält das Argument, dass die Konsumenten dieses im Frühjahr nicht mehr akzeptieren, für vorgeschoben.

Auch Rewe, die seit zehn Jahren nach harten internen Diskussionen auf Biogemüse aus Ägypten verzichtet, weiß von keinen Kundenbeschwerden zu berichten. Der Konzern vertreibt in Österreich jährlich 4000 Tonnen Bioerdäpfel. Spar zog nach. Man beziehe Bioware großteils regional, heißt es. Dass Lidl, wie Marktkenner sagen, stark vom Ausfall in Ägypten betroffen ist, weist der Diskonter zurück: Ware aus der Wüste sei nicht eingeplant gewesen, so ein Sprecher, es gebe Engpässe bei Österreichs Bioerdäpfeln. Was unter Landwirten für Kopfschütteln sorgt. Der Auslöser für die Kontaminierung ägyptischer Biokartoffel mit Phosphon ist noch ungeklärt. Prüfungen laufen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 25.3.2015)