Bild nicht mehr verfügbar.

Luis Bárcenas, früher Schatzmeister des konservativen PP, gilt als einer der Drahtzieher im laufenden Schwarzgeldskandal. Im Vergleich zu anderen Führungsfiguren der Partei wird er rechtlich belangt.

Foto: Reuters / Susana Vera

Der konservative Partido Popular (PP) von Spaniens Premier Mariano Rajoy hat sich mindestens 18 Jahre lang (1990-2008) mittels schwarzer Kassen finanziert. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht des Untersuchungsrichters Pablo Ruz am Obersten Strafgericht in Madrid. Die Kasse sei mit Schmiergeldern von Großunternehmern gefüllt worden. Ruz verlangt in seinem Abschlussbericht, unter anderem die beiden Exschatzmeister des PP, Luis Bárcenas und Alvaro Lapuerta, und einen Geschäftsführer anzuklagen.

Obwohl der Richter im 190-seitigen Bericht illegale Finanzierung als erwiesen ansieht, wird kein aktuell führendes PP-Mitglied vor den Kadi müssen. Parteienfinanzierung mit Schwarzgeld aus Spenden war vor 2012 nämlich nicht strafbar. Deshalb können nur direkt Verantwortliche wie Kassenwarte oder Geschäftsführer belangt werden; in diesem Fall wegen Steuerdelikten. Bárcenas und Lapuerta werden zudem beschuldigt, einen Teil der Spenden in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben.

Ruz verhörte in Rahmen der Ermittlungen mehrere wichtige Bauunternehmer. Sie sollen an den PP gespendet haben. Allerdings gebe es keine Beweise dafür, dass sie im Gegenzug Aufträge erhielten, und das, obwohl alle Befragten hauptsächlich von Großaufträgen der öffentlichen Hand leben.

Der Richter stützte seine Ermittlungen auf Aussagen und handschriftliche Buchführungen von Exkassenwart Bárcenas. Darin ist vermerkt, dass ein Teil des Schwarzgeldes direkt an führende PP-Politiker ging, darunter an Premier Mariano Rajoy. Außer den handschriftlichen Aufzeichnungen gibt es kaum Beweismittel.

Festplatten zerstört

Festplatten der Dienstcomputer von Bárcenas wurden von der PP-Führung zerstört, bevor der Richter sie anforderte. Das Gleiche gilt für die Besucherlisten der PP-Zentrale in Madrid. Dort waren alle Spender vermerkt, da sie die Spenden in bar im Büro von Bárcenas ablieferten. Die Zerstörung sei aus "Datenschutzgründen" geschehen, sagt PP-Generalsekretärin María Dolores Cospedal, die ihren Wahlkampf in der Region Castilla-La Mancha, wo sie regiert, ebenfalls mit Schwarzgeld finanziert haben soll.

Anfang des Monats hatte Ruz ein anderes Ermittlungsverfahren abgeschlossen, das mit dem aktuellen Fall in Verbindung steht. Es geht dabei um den sogenannten "Fall Gürtel" - benannt nach der Übersetzung des Nachnamens eines Hauptbeschuldigten, Unternehmer Francisco Correa. Dieser hatte ein breites Netzwerk von Unternehmen aufgebaut, die für konservative Gemeinde- und Regionalverwaltungen arbeiteten.

450 Millionen Euro

Die Unternehmen erhielten Aufträge - etwa die Organisation des Papstbesuches 2006 in Valencia - und kassierten dafür überhöhte Tarife. Ein Teil der Gelder ging dann an den PP. Es geht um insgesamt 450 Millionen Euro. Unter den 40 Beschuldigten sind einmal mehr Bárcenas und Lapuerta sowie mehrere Bürgermeister und Regionalpolitiker des PP. Weitere Richter ermitteln gegen den PP auf regionaler Ebene.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Parteispitze der spanischen Konservativen trotz erwiesener illegaler Finanzierung ungeschoren davonkommt. 1990 wurde ein ähnliches Verfahren vom Obersten Gerichtshof eingestellt. Die Ermittler hätten Verfahrensfehler begangen, lautete die Begründung. Damals stand der spätere Ministerpräsident José María Aznar (1996-2004) dem PP vor.

Der Fall Gürtel brachte dem spanischen Starermittler Baltasar Garzón ein Berufsverbot ein. Er hatte Anwälte und Untersuchungshäftlinge abhören lassen, als diese die Besucherstunden nutzen, um abzusprechen, wie die Konten mit Korruptionsgeldern verschoben werden sollten, bevor sie den Ermittler in die Hände fallen. Das Oberste Gericht sah darin ein schweres Vergehen Garzóns und suspendierte den Richter 2012 für elf Jahre vom Dienst. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 25.3.2015)