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Schwarmfinanzierung wird zur Alternative - in Österreich soll es nun auch eine gesetzliche Grundlage dafür geben.

Foto: APA/Hildenbrand

Frage: Die Prospektpflicht wird neu geregelt und gilt erst ab einer Grenze von fünf Millionen Euro. Darunter gelten eingeschränkte Informationspflichten. Ab 100.000 Euro braucht es ein Informationsblatt, ab 1,5 Millionen besteht eine Prospektpflicht light. Ist das sinnvoll?

Antwort: Ja, denn die Erstellung eines Kapitalmarktprospektes kostet viel Geld, weil dafür Juristen engagiert werden müssen. Dieses Geld fehlt dann wieder für das eigentliche Projekt. Je höher die bürokratischen Hürden, desto teurer werde auch die Kapitalaufbringung, warnen Experten. Daher mache die eingeschränkte Informationspflicht Sinn. Für Aktionärs- und Anlegervertreter Wilhelm Rasinger ist in jedem Fall wichtig, dass die wesentlichen Informationen in einem kompakten Werk dem Anleger mitgeteilt werden. Also wer macht das Projekt, welchen Lebenslauf hat diese Person, wo gibt es Risiken.

Frage: Künftig soll es für Anleger ein Rücktrittsrecht geben. Wie ist dieses zu beurteilen?

Antwort: Ein Rücktritt soll künftig erfolgen können, wenn die Informationspflichten vom Gründer verletzt wurden. Rasinger sieht das auch kritisch, denn die Frage werde dann immer sein, wer wann wie und worüber informiert worden ist. Rechtliche Auseinandersetzungen seien zu befürchten. Karin Brauneis-Ryan, Unternehmensberaterin und Mitbegründerin der Crowdinvesting-Plattform Conda, spricht sich für eine zeitliche Limitierung des Rücktrittsrechts aus - ähnlich der 14-tägigen Rücktrittsfrist im Verbraucherrecht. Somit könnten Anleger ihre Entscheidung nochmals überdenken, Gründer wüssten nach einer bestimmten Zeit aber auch, wie viel Kapital ihnen tatsächlich zur Verfügung steht. Anleger sollten laut Rasinger in jedem Fall bedenken, dass sie mit einer Beteiligung eine längerfristige Bindung eingehen, die risikoreich sein kann.

Frage: Welche Beteiligung geht man mit Crowdfunding eigentlich ein?

Antwort: Das ist nicht klar geregelt. Es kann sich um eine stille Beteiligung handeln, aber auch um den Erwerb von Genussscheinen, um die Beteiligung an einer GesmbH oder auch um ein Darlehen. Die Art der Beteiligung sollte vom Gründer in jedem Fall offengelegt werden, denn jede rechtliche Form hat eigene Strukturen, Rechte und Pflichten.

Frage: Crowdfunding-Plattformen sollen künftig nur noch mit einer Konzession der Finanzmarktaufsicht FMA oder mit einer Gewerbeberechtigung für Vermögensberater betrieben werden können. Warum?

Antwort: Das ist eine Maßnahme, um einem möglichen Wildwuchs in dieser neu entstehenden Branche entgegenzuwirken. Wer Finanzierungsgeschäfte abwickelt, braucht dafür auch eine Konzession. Das war laut FMA bisher auch schon so. Laut einer Studie der Arbeiterkammer verfügte zuletzt aber nur eine von drei Investing-Plattformen in Österreich über die entsprechende Berechtigung. Ob aus der gesetzlichen Verankerung für die Konzession auch eine Prüfpflicht für die Finanzmarktaufsicht entsteht, ist noch offen. Rasinger fände es jedenfalls gut, wenn jemand "die Plattformen im Auge behält".

Frage: Ist Crowdfunding in Österreich überhaupt ein großes Thema?

Antwort: Jein. Es gibt zwar mehrere Plattformen, über die Geld eingesammelt werden kann. Auch größere Projekte, wie etwa das Kinderhotel Rudolfshof in Kaprun, setzen auf Finanzierung durch Gäste, Freunde und Partner, und auch Banken beäugen dieses Finanzierungsinstrument. Es gibt auch erfolgreiche Beispiele - etwa den Hersteller des Getränks All I need. Aber in Zahlen ausgedrückt ist diese Form der Geldaufbringung hierzulande noch immer ein Randphänomen. Im Vorjahr investierte jeder Österreicher im Schnitt lediglich 40 Cent via Crowdfunding - in Summe ist das ein Volumen von 3,6 Mio. Euro. Großbritannien liegt mit mehr als zwei Milliarden Euro weit voraus.

Frage: Warum ist Crowdfunding dann in aller Munde?

Antwort: Weil die Beteiligungsszene in Österreich geschrumpft ist und Start-ups wegen mangelnder Sicherheiten von Banken meist kein Geld bekommen. Um die Konjunktur anzukurbeln, braucht es aber Investitionen und Neugründungen. Viele sehen im Crowdfunding eine Alternative. Die Politik hofft, mit der gesetzlichen Grundlage mehr Sicherheit in diese Finanzierung zu bringen. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 25.3.2015)