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Der Steirer René Pauritsch ist in Liechtenstein fast schon eine Legende. Sein Assistent heißt übrigens Michael Koller. Pauritsch lebt in Schaan, ist verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder. Er wünscht seinen Landsleuten aus Österreich die Teilnahme an der EM. "Aber in den neunzig Minuten bin ich Liechtensteiner."

Foto: apa/epa/haider

Vaduz/Wien - Der Steirer René Pauritsch lebt in Liechtenstein "meinen Traum". Fußball mache hier absolut Sinn, der 51-Jährige ist "der Mann für alles". Seit 2008 ist er im Verband tätig, Ende 2012 wurde er zum Teamchef befördert. Pauritsch übt zudem das Amt des technischen Direktors aus. "Ich bin sozusagen der Marcel Koller und der Willi Ruttensteiner." Der öffentliche Druck ist überschaubar, Pauritsch weiß, dass die Qualifikation für große Turniere "für uns eine Illusion, ja nicht einmal ein Hirngespinst ist. Es geht nur darum, die Lücke zu den Großen kleiner zu machen." Liechtenstein hat rund 37.000 Eiwohner, ungefähr 1500 spielen regelmäßig Fußball, Tendenz steigend. Im Nationalteam dienen sieben Vollprofis, irgendwann, sagt Pauritsch, "sollen es elf sein. Das ist ein realistisches Ziel."

Ein Boom

Im Fürstentum sind sieben Vereine gemeldet, sie heißen FC Balzers oder FC Schaan, sind in die Schweizer Ligen integriert. Der FC Vaduz ist sogar in die Super League aufgestiegen. Pauritsch: "Das hat einen Boom ausgelöst, obwohl im Kader natürlich nur wenige Liechtensteiner stehen."

Die Rahmenbedingungen sind professionell. Liechtenstein zählt bekanntlich nicht zu den Armenhäusern Europas, das Verbandsleistungszentrum in Schaan spielt alle Stücke. Pauritsch trainiert regelmäßig mit den Nachwuchsteams. "Die Begeisterung ist groß, da entsteht etwas." Mario Frick ist das Vorbild für die Jugend, er stürmte einst in Italiens Serie A, mittlerweile ist er 40 Jahre alt und Spielertrainer beim FC Balzers in der vierten Schweizer Liga. Fürs Nationalteam reicht es allemal, Frick wird am Freitag gegen Österreich sein 117. Länderspiel bestreiten. Er hat 16 Tore geschossen, nimmt nun aufgrund des naturbedingten Geschwindigkeitsverlusts die Position des Innenverteidigers ein. Pauritsch: "Er ist mein verlängerter Arm."

Die Vorfreude auf den Freitag ist groß, das Rheinpark-Stadion in Vaduz fasst 6300 Zuschauer, ist seit Monaten ausverkauft. Die Gastgeber sind übrigens nicht Gruppenletzter, haben vier Punkte gesammelt. Daheim 0:0 gegen Montenegro, 1:0 in der Republik Moldau. Pauritsch: "Für uns war der Sieg etwas Großartiges, die Erwartungen sind jetzt schon übertroffen, Selbstbewusstsein und Stolz sind gestiegen."

Österreich sei logischerweise deutlich zu favorisieren. Anders ausgedrückt: "Wir sind krasser Außenseiter." Pauritsch, der für Voitsberg, Donawitz und den GAK gekickt und den Trainerschein in Österreich erworben hat ("Ich fühle mich sehr gut ausgebildet"), bezeichnet das ÖFB-Team "als Gruppenfavoriten. Die sind qualitativ besser als die anderen, fahren sicher zur EM nach Frankreich. Wir treten ja eigentlich gegen die deutsche Bundesliga an. Koller hat hervorragende Arbeit geleistet, da ist etwas entstanden."

Was er von der Partie erwartet? "Dass sie uns in die Defensive drängen, viel Ballbesitz haben. Wir werden eine doppelte Mauer aufziehen müssen. Aber wir wollen Akzente setzen, Konter fahren, dem Publikum eine Show bieten. Auch für uns ist der Sinn des Fußballs zu punkten. Das gilt für Riesen und für Zwerge."

Der Liechtensteiner Verband wurde 1934 gegründet, 1974 erfolgte die Aufnahme in die Fifa und die Uefa. Das erste offizielle Länderspiel wurde 1982 bestritten, die Schweiz gewann 1:0. In 152 Partien gab es zehn Siege, 18 Remis, 124 Niederlagen, das Torverhältnis lautet 64:437. Pauritsch sagt: "Es macht absolut Sinn." (Christian Hackl, DER STANDARD, 25.3.2015)