Zürich - Der grönländische Eisschild, der Amazonas-Regenwald oder auch El Niño zählen für Klimaforscher zu sogenannten Kipp-Punkten: Veränderungen in diesen Regionen, also ein erhöhtes Abschmelzen, Austrocknen oder Steigen der lokalen Ozeantemperaturen, könnten das Klima weltweit zum Kippen bringen. Wissenschafter der Universitäten Zürich, Chicago, Stanford und Exeter haben nun in einer neuen Studie das Risiko, dass solche Kipp-Szenarien eintreten, anhand eines stochastischen Modells berechnet. Es zeigte sich, dass das Risiko zukünftiger klimatischer Kipp-Punkte bisher zu tief bewertet wurde.
Da die ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels erst in ferner Zukunft eintreten, stellt sich die Frage, wie diese aus heutiger Sicht zu bemessen sind. Die meisten aktuellen Modelle einer Kosten-Nutzen-Rechnung ignorieren potenzielle Kipp-Punkte und insbesondere deren Risiken. Oft wird bei solchen sogenannt deterministischen Modellen angenommen, dass Klimaschäden auf Jahrhunderte voraus exakt bekannt sind. Der UZH-Forscher Thomas Lontzek hat nun gemeinsam mit seinen Kollegen ein Modell entwickelt, welches auch die nicht genau vorhersehbaren Auswirkungen dieser Kipp-Punkte mitberücksichtigt.
Die Forschenden haben berechnet, dass die Wahrscheinlichkeit des Überschreitens eines Kipp-Punktes im Jahr 2050 bei 2,5 Prozent liegt, 150 Jahre später – im Jahr 2200 – bei knapp 50 Prozent. In Anlehnung an ihr Modell empfehlen die Autoren daher entsprechende Maßnahmen, etwa eine höhere Besteuerung von Kohlenstoffemissionen. "Angesichts der Gefahr sprunghafter und irreversibler Änderungen im Klimasystem sollten wir höhere Ausgaben in Kauf nehmen, um das Risiko von Klimakatastrophen zu reduzieren", meint Lontzek. (red, derStandard.at, 29.3.2015)