Siegrun Appelt taucht das Grazer Reininghausareal in surreales Licht.

Graz - Die Weltkarte soll auf Nachtaufnahmen nur noch in Nordkorea und in der Mitte des afrikanischen Kontinents dunkle Flecken aufweisen. Das elektrische Licht hat die Welt erobert, schon bevor die Lichtmedien Film, Fernsehen und Computer ihren Siegeszug antraten. Das Universalmuseum Joanneum widmete dem Licht Ende letzter Woche eine Tagung, an der Architekten, Stadtplaner, Kulturwissenschaftler und Mediziner teilnahmen. Über Kerzenlicht, Chronobiologie und Lichtverschmutzung wurde da referiert. Im Rahmen dieser Tagung wurden auch drei Künstler, die beiden Österreicher Michael Schuster und Siegrun Appelt sowie der Amerikaner Joseph Kosuth, eingeladen. Sie bespielten mit sehr unterschiedlichen Lichtinstallationen den öffentlichen Raum. Schuster tat das im Landhaus, Kosuth an der Fassade des Naturkundemuseums im Lesliehof des Joanneumsviertels.

Nur Siegrun Appelts Installation beleuchtet nicht historische Gebäude der Altstadt, sondern jenes Areal, wo das zweite Zentrum von Graz entstehen soll: die Reininghausgründe. Dass im Reininghausviertel Kunst eine besondere, nicht nur behübschende Rolle spielen soll, ist ein offizielles Bekenntnis der Stadt Graz. Appelts Installation, die noch bis Samstag dreidimensionale Bilder in die schwarze Nacht wirft, ist der Beweis dafür, dass die Kunst schon vor den Bewohnern in den neuen Stadtteil einzieht.

Appelt spielt mit dem Phänomen, dass uns in bestimmtes Licht getauchte Orte plötzlich surreal erscheinen, selbst wenn sie uns vertraut sind. Durch das Beleuchten verschiedener noch erhaltener Gebäudeteile der alten Brauereigründe und durch die Bewegung des Lichts entstanden filmisch anmutende Sequenzen. Die Landschaft verändert sich vor den Augen der Besucher. Das Lichtspektakel kann man sich übrigens auch bei Regen ansehen. Es soll dann sogar besonders beeindruckend sein. (cms, DER STANDARD, 25.3.2015)