Im Machtkampf von Kiew hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko den Oligarchen Ihor Kolomoiskij als Gouverneur von Dnipropetrowsk entlassen. Die Pressestelle Poroschenkos verbreitete ein Video, auf dem zu sehen ist, wie der Präsident die Entlassungsurkunde für Kolomoiskij mit den Worten "Danke Ihnen" unterzeichnet. Auf der anderen Seite des Tisches sitzt der Oligarch und verfolgt die Szene stumm.

Die Absetzung des Oligarchen als Gouverneur der Industrieregion Dnipropetrowsk wird in Kiew als Beginn des Versuchs angesehen, Politik und Geschäft in der Ukraine künftig strenger zu trennen. Die "Nachrufe" auf den mächtigen Milliardär Kolomoiskij, der mit seinem Firmenimperium "Privat Gruppe" den Ölmarkt des Landes weitgehend kontrolliert hat, eine der größten Banken besitzt und im ukrainischen Parlament etwa ein Drittel der Abgeordneten unter seiner "Aufsicht" haben soll, fielen in den meisten Fällen jedoch eher zahm aus.

Anton Geraschtschenko etwa, Chefberater des Innenministers, schrieb auf seiner Facebook-Seite, die Ukraine sei Kolomoiskij zu "größtem Dank verpflichtet", weil dieser im vergangenen Sommer dafür gesorgt habe, "die Separatisten zu stoppen".

Für Mustafa Naidem, Parlamentarier der Partei Block Petro Poroschenko, markiert die Entlassung Kolomoiskijs hingegen erst den Anfang: "Der Kreuzzug gegen Oligarchen, die ihren Einfluss auf Politik und Wirtschaft mit allen Mitteln durchsetzen, hat jetzt erst begonnen", schreibt der frühere TV-Moderator auf Facebook.

Oligarchen in der Defensive

Borislaw Bereza, Parlamentarier und Ex-Kommandant des "Rechten Sektors", meint ebenfalls auf Facebook: "Die Ukraine braucht keine Oligarchen, weder im Parlament noch in der Regierung noch als Präsident."

Die Regierung zeigte am Mittwoch demonstrativ Stärke. Präsident Poroschenko unterschrieb ein Gesetz, das die Vergrößerung der ukrainischen Armee auf 250.000 Soldaten vorsieht. Damit erhöht sich die Stärke der Streitkräfte um mehr als ein Drittel. Außerdem ließ Innenminister Arsen Awakow den Chef des Amtes zur Katastrophenbekämpfung, Sergej Bochkowski, während einer Regierungssitzung festnehmen. Der Vorwurf: Korruption und Amtsmissbrauch. Die öffentliche Verhaftung wirkte allerdings stark inszeniert.

Der Machtkampf zwischen der Regierung und Kolomoiskij hatte sich zuletzt hochgeschaukelt. Am Wochenende hatte Kolomoiskij die von ihm kontrollierten halbstaatlichen Firmen Ukrtansnafta und Ukrnafta besetzen lassen. Er soll fast 20 Freiwilligen-Bataillone aufgebaut haben - viele davon besser ausgestattet als die regulären Streitkräfte des Landes.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz brach am Mittwoch zu einem Besuch in Kiew auf. Vor seinem Eintreffen betonte Kurz das Engagement Österreichs für das Krisenland. Die Republik werde weitere 500.000 Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für durch den Krieg in der Ostukraine Vertriebene bereitstellen. Außerdem werde Wien am 16. und 17. Juni Austragungsort eines Ablegers der Münchner Sicherheitskonferenz mit Schwerpunkt auf dem Ukraine-Konflikt sein. (Nina Jeglinski aus Kiew, DER STANDARD, 26.3.2015)