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Mehr Netto vom Brutto hilft dem Handel: Der Konsum in Österreich soll 2016 wieder deutlich zulegen, erwartet das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).

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Wien - Das Ziel von SPÖ und ÖVP bei ihrer Steuerreform ist denkbar simpel: Nach Jahren der sinkenden Reallöhne soll den Menschen endlich mehr Netto vom Brutto bleiben. Zugleich haben aber SPÖ und ÖVP auch versichert, dass die für 2016 angepeilte Entlastung den Weg für einen Wirtschaftsaufschwung ebnen kann. Die Reform werde den "Konsum stärken und die Konjunktur ankurbeln", sagte etwa Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vor kurzem.

Allerdings sieht es so aus, als werde die Regierung ihre Ankündigungen nur zum Teil einlösen können. Ökonomen vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo haben nach STANDARD-Informationen am Mittwoch eine erste Berechnung über die Auswirkungen der Steuerentlastung vorgelegt. Ergebnis: Für die Wirtschaftsleistung dürfte das Paket von SPÖ und ÖVP sehr wenig bringen.

Das Wachstum fällt demnach durch die Steuerreform um 0,1 Prozentpunkte höher aus als ohne sie. Das Wifo geht davon aus, dass die heimische Wirtschaftsleistung im kommenden Jahr um 1,4 Prozent steigen wird - noch Mitte März war von 1,3 Prozent die Rede. Einen spürbar positiven Effekt erwartet Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker jedoch für den Konsum.

Inlandsnachfrage steigt

Die Ausgaben der Österreicher für Computer, Fernseher, Kühlschränke und Co sollen demnach im kommenden Jahr um satte 1,4 Prozent ansteigen (bisher war man von 0,9 Prozent ausgegangen). Das wäre der stärkste Anstieg seit dem Jahr 2010. Dieser positive Effekt bei der Inlandsnachfrage wird laut Scheiblecker auch 2017 anhalten, wenn auch deutlich abgeschwächt.

Möglich macht diesen Sprung die Lohnentwicklung. Laut Wifo wird die Steuerentlastung die Netto-Pro-Kopf-Löhne im kommenden Jahr spürbar ansteigen lassen. Bisher sind die Ökonomen davon ausgegangen, dass die Löhne im kommenden Jahr erneut leicht sinken werden (minus 0,3 Prozent). Nun rechnen sie aber mit einem Anstieg der realen Pro-Kopf-Löhne um 4,7 Prozent. Das wäre im Vergleich der vergangenen Jahre eine Art Quantensprung. Die Nettolöhne sind in Österreich seit dem Jahr 2010 kontinuierlich gefallen und sollen auch 2015 leicht rückläufig sein.

Stellt sich die Frage: Wenn Einkommen und Konsum steigen, warum profitiert die Wirtschaft nicht stärker? Laut Scheiblecker gibt es dafür mehrere Erklärungen. Die Wichtigste ist, dass das Wifo als Basis für seine Berechnungen die Annahmen der Regierung verwendet hat. SPÖ und ÖVP wollen die Entlastung der Arbeitnehmer im Umfang von 4,9 Milliarden Euro ja vollständig gegenfinanzieren.

Gegenfinanzierung kostet

So soll durch die verstärkte Betrugsbekämpfung (Stichwort Registrierkassenpflicht) mehr Geld ins Budget kommen. Auch die Mehrwertsteuer wird in ausgewählten Bereichen (Hotels, Theaterkarten, Tierfutter) erhöht, und Einsparungen bei der Verwaltung sollen eine Milliarde Euro zusätzlich einbringen. Doch die Gegenfinanzierung wirkt sich negativ auf das Wachstum aus, weil der Wirtschaft Umsätze entzogen werden. Das gilt selbst für die Antibetrugsmaßnahmen: Jemand, der schwarz am Bau arbeitet, trägt über sein (nicht versteuertes) Einkommen ja ebenfalls etwas für die Wirtschaftsleistung bei.

Hinzu kommt, dass die positiven Auswirkungen beim Konsum sich nicht voll aufs Wachstum durchschlagen. Denn rund die Hälfte der Verbraucherwaren in Österreich wird importiert.

Sollte die Gegenfinanzierung die Entlastung nicht abdecken, etwa weil aus der Verwaltungsreform nichts wird, erwartet Ökonom Scheiblecker etwas positivere Auswirkungen auf das Wachstum. Dann dürfte freilich das Defizit im Gegenzug steigen. Das Wifo rechnet hier derzeit mit keinen Auswirkungen.

Die Inflation soll dagegen bedingt durch die Steuererhöhungen 2016 höher ausfallen als prognostiziert (1,8 statt 1,5 Prozent). Leicht positive Effekte erwartet das Wifo für die Beschäftigung - Details sollen kommende Woche vorliegen. (András Szigetvari, DER STANDARD, 26.3.2015)