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Rainer Seele soll in die OMV wechseln.

Foto: DPA/UWE ZUCCHI

Wien - Am Freitag war die Katze aus dem Sack: Zwar wurde bei der Nachfolge von Gerhard Roiss immer wieder auf Kandidaten aus dem deutschen Wintershall-Konzern getippt; dass sich mit Rainer Seele aber gleich der Vorstandsvorsitzende der BASF-Öl- und Gastochter auf den OMV-Chefsessel begibt, war dann doch überraschend.

Zumindest für Beobachter, denn die Ernennung soll vor etwa zehn Tagen bereits abgesegnet worden sein. Am Donnerstag soll sich auch noch Finanzminister Hans Jörg Schelling einen persönlichen Eindruck vom Deutschen verschafft haben.

Der 1960 geborene Chemiker leitet mit Wintershall den größten deutschen Öl- und Gasförderer. Dass Seele das profitable Unternehmen verlässt und sich den schwierigen Herausforderungen bei der OMV stellt, könnte tiefere Hintergründe haben, mutmaßen Insider. So wird immer wieder über einen Ausstieg der Ipic aus Abu Dhabi aus dem heimischen Mini-Multi spekuliert. OMV-Aufsichtsratschef Rudolf Kemler erklärte freilich am Freitag, an diesem Gerücht sei "nichts dran".

Schwieriges Verhältnis

Das Verhältnis zum arabischen Investmentfonds, der 24,9 Prozent der OMV-Anteile hält und mit der österreichischen Staatsholding Öbib (31,5 Prozent) syndiziert ist, gilt seit Jahren als unterkühlt. Den Arabern wird nachgesagt, mit der OMV-Performance unzufrieden zu sein. Zudem soll Ipic die gemeinsame Kunststofftochter Borealis gänzlich unter ihre Fittiche nehmen wollen, lautet das Ondit.

Roiss soll sich vehement gegen die Abgabe von Borealis-Anteilen gewehrt haben, was das Verhältnis mit den Arabern alles andere als verbessert habe, erzählen Insider. Auch Kemler bestätigte am Freitag, die Borealis-Anteile nicht abgeben zu wollen.

Bei einem Ausstieg der Araber hätte die Öbib ein Vorkaufsrecht, allein es fehlt das Geld. Somit wäre die Hereinnahme eines neuen Partners naheliegend. Via Wintershall würden die Österreicher auch die Beziehung zur Gasprom intensivieren. Den Russen werden seit Monaten OMV-Gelüste nachgesagt. Gasprom ist über mehrere Gemeinschaftsunternehmen mit Wintershall verbandelt.

Gute Russland-Kontakte

Im Vorjahr war zudem geplant, dass die Russen die Gasspeicher und den Gashandel der Deutschen übernehmen, Letztere sich an sibirischen Gasfeldern beteiligen. Der Deal platzte aber zu Jahresende. "Aufgrund des aktuell schwierigen politischen Umfelds", wie BASF und Gasprom in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten.

Beobachter gehen aber davon aus, dass entsprechende Pläne unter neuen geopolitischen Rahmbedingungen wiederbelebt werden könnten. Die OMV als wichtige Gasdrehscheibe würde da gut dazupassen. Hinzu kommen Synergien bei der Gasproduktion in der Nordsee, in Nordafrika oder im Schwarzen Meer, wo die OMV und Wintershall stark engagiert sind. Zwar blieben die beiden Konzerne auch vereint ein relativ kleiner Player unter den Öl- und Gasmultis, allerdings wären sie in der tätigen Region nicht zu vernachlässigen, wie ein Analyst erklärte.

Verfahrene Situation

Doch vorerst ist das alles Spekulation. Seine Arbeit nimmt Seele jedenfalls am 1. Juli auf, wie das Unternehmen am Freitagabend nach der Aufsichtsratssitzung bekannt gab. Er bekommt einen Vertrag für drei Jahre, die OMV hat danach eine Verlängerungsoption um weitere zwei Jahre.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Kemler erklärte zum Beschluss: "Die heutige Bestellung von Rainer Seele ist ein wichtiger Meilenstein, um der OMV Stabilität in den Führungsstrukturen zugeben. Hinsichtlich der fachlichen Qualifikation ist Rainer Seele der ideale Kandidat mit punktgenauem Kompetenzprofil und langjähriger internationaler Managementerfahrung."

Schwierige Rahmenbedingungen

Der neue Chef kündigte an, rasch die Ertragskraft des Öl- und Gaskonzerns steigern zu wollen. "Wir werden schauen, in welchem Ausmaß wir die Kosten reduzieren können." Einige Schritte wie niedrigere Investitionen seien bereits in die Wege geleitet. Dies werde aber dazu führen, dass die Wachstumsziele in die Folgejahre verlagert würden.

Der Umbau an der OMV-Spitze ist vorerst jedenfalls abgeschlossen. Verkompliziert wurde die Suche nach dem Roiss-Nachfolger durch die mittlerweile erfolgte Umwandlung der Staatsholding ÖIAG in die Öbib. Mit der Reform erfolgt auch ein neuer Bestellungsmodus für die Aufsichtsräte - im Wesentlichen OMV, Telekom und Post. Sie werden nicht von der Öbib gewählt, sondern von einem nach Proporz gebildeten Nominierungskomitee, dem zwei Staatssekretäre und zwei Manager angehören.

Allerdings: Bis zur Hauptversammlung im Mai fungiert der scheidende Öbib-Chef Rudolf Kemler weiterhin als Aufsichtsratspräsident - sofern er nicht vorher zurücktreten sollte. Vom neuen Komitee werden Mondi-Chef Peter Oswald und Ex-EZB-Direktorin Gertrude Tumpel-Gugerell in das Kontrollgremium geschickt. Obwohl noch nicht gewählt, wurden beide in die Bestellung des Roiss-Nachfolgers eingebunden. (as; ung; stro, DER STANDARD, 28.3.2015)