Wien – Kreisende Helikopter über der Wiener Innenstadt, umfangreiche Polizeipräsenz, Proteste vor, ein Treffen umstrittener Rechtspolitiker in der Hofburg: Das Geschehen am Freitagabend erinnerte stark an den alljährlich stattfindenden Akademikerball. Diesmal wurde jedoch nicht getanzt sondern nur gesprochen: Im Großen Redoutensaal der Hofburg diskutierten Geert Wilders und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache "Europas Bedrohung durch die Islamisierung". Entfallen konnte den Gästen dies nicht: Ein Plakat in der Größe eines Kleinlasters, das über der Bühne prangte, erinnerte daran.

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Die Klaviatur der Symbolpolitik wusste man zu bedienen: Auf dem Plakat Minarette, die wie Raketen aus dem Boden schießen und eine überlebensgroße Frau in Burka. Trotz aller Beteuerungen von Strache und Wilders, man verstehe Islam und Islamismus nicht als dasselbe, wurde an diesem Abend noch oft "der Islam" zum rhetorischen Feindbild.

Strenge Sicherheitsauflagen

Wer das hören wollte, musste zuvor durch strenge Sicherheitskontrollen am Eingang. Das sei bedauerlich, sagte Hilmar Kabas, Präsident des gastgebenden FPÖ-Bildungsinstituts, aber man müsse sich eben vor potentiell gewalttätigen Radikalen schützen. Es war nicht der letzte Hinweis an diesem Abend darauf, dass es schwer habe, wer sich kritisch gegenüber dem Islam äußert. Er stünde auf der Todesliste der Al-Kaida, weil er die Wahrheit über den Islam ausspreche, sollte Wilders später noch sagen.

Großer Applaus war ihm und dem FPÖ-Klubobmann schon bei ihrem Auftritt sicher. Wilders, der am Nachmittag zusammen mit Strache eine Pressekonferenz gegeben hatte, zitierte in seiner 40-minütigen Rede wiederholt die Geschichte: "Wien ist ein Symbol für den Widerstand gegen den Islam. An seinen Toren wurde der Islam 1683 besiegt."

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Der umstrittene Rechtspolitiker Geert Wilders und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache übten sich in scharfen Worten gegen den Islam
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Begeisterte Zuhörer

Wilders klare Botschaft an das Publikum: "Der Islam wird Wien, die Niederlande, das freie Europa nicht besiegen. Wir werden den Islam besiegen." Ebenso eindeutig ist sein Kulturverständnis: "Wir tragen die Fackel einer Zivilisation, die jeder anderen weit überlegen ist. Unsere Kultur ist besser als die islamische." Einwanderer sollten die Gepflogenheiten des Ankunftslandes übernehmen, nicht umgekehrt. Frenetischer Applaus folgte seinen Forderungen: "Keine Moscheen mehr. Keine. Alle islamischen Schulen schließen. Noch heute. Keine weitere Zuwanderung aus islamischen Ländern."

Burka, Ehrenmorde, Genitalverstümmelung, "Mega-Moscheen": Keines dieser Stichworte wurde ausgelassen. "Der Islam ist nicht reformierbar", sagte Wilders. Tosender Applaus kam im vollen Saal auch auf, als Wilders forderte, die EU-Länder sollten das Schengen-System verlassen und nationale Grenzkontrollen wieder einführen. Auch "Lügenpresse" und die "feindselige EU-Elite" wurden vom verbalen Watschentanz nicht ausgenommen.

Mobilisierung mit Ambiente

Heinz-Christian Strache sprach ebenso ausgiebig und begnügte sich nicht damit, sich im Lichte des internationalen Gastes zu sonnen. Dieser Abend erfüllte schließlich auch einen anderen Zweck: Strache spulte sein innenpolitisches Programm ab, er will mobilisieren. Es ist ein spürbarer Unterschied, ob diese Mobilisierung am Viktor-Adler-Markt stattfindet oder im staatstragenden Ambiente der Hofburg. Und das, obwohl im Publikum großteils nicht jene Burschenschafter saßen, die sich hier noch vor zwei Monaten im Walzerschritt übten. Es waren FPÖ-Wähler aus der Breite der Gesellschaft, die den Weg in die Hofburg gefunden haben.

Die Freiheitlichen schweigen nicht zur Gefahr der Islamisierung, ist Strache bemüht mitzuteilen, wie das "die Gutmenschen" gebieten. Diese würden versuchen, sie als Hetzer hinzustellen. Die Wahrheit sei: "Der Islam ist kein Teil unserer Kultur."

Inhaltlich gab es von Strache Altbewährtes zu hören: Er sprach über den Entzug der Staatsbürgerschaft für Syrien-Rückkehrer, Radikalisierungstendenzen in der Ausbildung von Religionslehrern, die drohende Einführung der Scharia. Eine expansive Haltung in die andere Richtung hält Strache hingegen für weniger problematisch: "Ein Dialogzentrum sollte nicht in Wien sondern in Mekka stehen, damit dort endlich das Kreuz ankommt." Applaus gab es auch hierfür, der Abend endete wie er begann: Mit stehenden Ovationen.

Protest in kleinem Rahmen

Proteste gab es vor der Hofburg: Die Sozialistische Jugend und die "Offensive gegen Rechts" organisierten eine kurze Kundgebung am Heldenplatz, SOS Mitmensch veranstaltete am Josefsplatz einen Flashmob gegen die "Hetze gegen MuslimInnen". Der Zulauf war aber eher bescheiden: An der Kundgebung nahmen rund 30 Menschen teil, zum Flashmob fanden sich rund 100 Demonstranten ein. (Simon Moser, derStandard.at, 27.3.2015)