Wenn ich Jude bin und mit Davidstern oder gar Kippa durch die Stadt gehe, bin ich selbst schuld. Israel macht schließlich Politik, die eben dafür verantwortlich ist, dass ich als europäischer Staatsbürger in einer europäischen Stadt bespuckt werde. Bin ich ein unbescholtener Muslim, dann darf ich mich nicht wundern, wenn neuerdings auch auf mich Übergriffe gesetzt werden: einmal Terrorist, immer Terrorist.

Bin ich eine Frau, kann ich mich gleich an der eigenen Nase nehmen, wenn ich vergewaltigt werde, als Alleinerzieherin am Existenzminimum leben muss: tja, Partner, Outfit, Ort und Zeit leider falsch gewählt. Bin ich ein Kind, bin ich zu verführerisch gewesen und ist niemals der Übergreifende verantwortlich. Bin ich dann auch noch so frech und mache erst Jahrzehnte nach einer Gewalttat endlich den Mund auf, dann bin ich nur auf Geld und Ruhm aus.

Bin ich einem Serientäter über den Weg gelaufen, gilt das natürlich für alle, die die Stimme gegen ihn erheben. Je mehr Opfer, desto gieriger.

Und lebe ich in der Ukraine, bin ich ebenfalls selbst schuld, wenn meine Familie während des Konfliktes von der einen oder anderen Seite über den Haufen geschossen wird.

Heinz-Christian Strache erklärt es einem ganz genau: Nicht derjenige ist Aggressor, der Teile eines souveränen Staates besetzt und Soldaten ohne Abzeichen über die Grenze schickt, sondern jener, der dann was dagegen hat. (rab, DER STANDARD, 30.3.2015)