Wien – Dass einer der einst mächtigsten Beamten im Justizministerium in der Causa Alijew für den Wiener Anwalt Gabriel Lansky tätig war, sorgt in Justizkreisen für anhaltenden Gesprächsstoff. Der ehemalige Sektionschef Roland Miklau, der Ende 2006 in den Ruhestand getreten war, hatte 2011 damit begonnen, sich für Lanskys Anliegen starkzumachen – und dies offenbar mit Erfolg.

Das Justizministerium lässt sein Vorgehen nun überprüfen. Man habe die Pressemeldung mit dem darin geschilderten Sachverhalt der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien weitergeleitet, hieß es Dienstagmittag auf APA-Anfrage aus dem Ministerium. Es handle sich dabei um ein "routinemäßiges Standard-Prozedere", wurde betont.

OStA-Sprecher Michaek Klackl bestätigte das der APA: "Wir sind vom Justizministerium damit befasst worden. Wir unterziehen das jetzt einer strafrechtlichen Überprüfung."

Lansky vertritt seit 2009 für den kasachischen Verein "Tagydr" unter anderem die Interessen der Witwen zweier kasachischer Banker, hinter deren Entführung und Ermordung der ehemalige kasachische Botschafter in Wien, Rachat Alijew, gesteckt haben soll. Weil die österreichische Justiz die Auslieferung des in Kasachstan in Abwesenheit verurteilten Alijew ablehnte, selbst aber zunächst nicht mit Nachdruck gegen diesen vorging, versuchte Lansky ihr Beine zu machen. Dabei war ihm unter anderem Miklau behilflich.

Wie der APA vorliegende schriftliche Unterlagen belegen, sprach Miklau, der fast 30 Jahre lang die Sektion für Strafrechtsgesetzgebung geleitet hatte, im Mai und im September 2011 bei seinem Nachfolger Christian Pilnacek vor. Über den Inhalt der Gespräche legte Miklau, der von der Kanzlei Lansky einige Zeit als Mitarbeiter geführt und bezahlt wurde, umfangreiche Dossiers an.

Vier-Augen-Gespräch

Am 9. Mai kündigte Miklau Lansky zunächst ein Vier-Augen-Gespräch mit Strafrechts-Sektionschef Pilnacek in Sachen Alijew an. Über dessen Verlauf berichtete er am 16. Mai ausführlich: Bei seiner Vorsprache hatte Miklau von einem für 31. Mai anberaumten Besprechungstermin Pilnaceks mit der Staatsanwaltschaft, der Oberstaatsanwaltschaft, dem Außenamt, dem Bundesasylamt und dem Bundeskriminalamt erfahren.

Miklau regte wiederum bei Pilnacek die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls gegen Alijew an. Pilnacek habe einen solchen als "eine Option" bezeichnet, ließ Miklau Lansky wissen. Auch Pilnaceks Einschätzung zu Auslieferungsfragen und möglichen weiteren Verfahrensschritten hatte Miklau in Erfahrung gebracht. Dieses Wissen leitete er an Lansky weiter.

Wenige Wochen später wurde von der Staatsanwaltschaft Wien ein Inlandsverfahren gegen Alijew wegen des Verdachts auf Doppelmord und erpresserische Entführung eingeleitet. Der Haftbefehl gegen Alijew blieb allerdings aus, weshalb Miklau am 16. September 2011 neuerlich bei Pilnacek erschien.

"Habe nicht interveniert"

Dieses Gespräch "war leider ein Misserfolg", so Miklau im Anschluss in seinem Bericht an Lansky. Als er auf das Thema Haft zu sprechen gekommen sei, habe sich Pilnaceks Miene "verhärtet". Pilnacek habe das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts "entschieden bestritten". Eine "rationale Diskussion zur Sache" sei "nicht möglich" gewesen, weshalb Miklau zu Folgendem rät: "Meine Empfehlung für das weitere Vorgehen geht dahin, bis auf weiteres nicht auf der Ebene des BMJ zu agieren, sondern die Kontakte mit der das Verfahren führenden Staatsanwältin fortzusetzen, auf diese aber keinen übermäßigen Druck auszuüben und sie nicht dem Risiko auszusetzen, sich durch Schriftsätze, Anträge und dergleichen überfordert zu fühlen."

Für Miklau gibt es keinen Grund, sein damaliges Vorgehen kritisch zu hinterfragen oder bedenklich zu finden. "Ich habe nicht interveniert", betonte er im Gespräch mit der APA. Er sei Lansky seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden und habe aus dieser Freundschaft heraus Pilnacek aufgesucht: "Es ging um die Frage, ob Alijew ausgeliefert werden kann oder nicht." Er habe von Pilnacek keine geheimen, dem Amtsgeheimnis unterliegende Informationen bekommen. Er habe auch nicht den Eindruck erweckt, an solchen interessiert zu sein, versicherte Miklau der APA.

Freundschaftsdienst

Für seinen Freundschaftsdienst habe er von Lansky kein Geld bekommen, bekräftigte Miklau. Finanziell honoriert sei er lediglich worden, "weil ich eine Tagung für eine Konferenz im albanischen Teil von Mazedonien vorbereitet habe".

Mit Miklau seien zwar "viele Dinge besprochen" worden, "aber es war ein Gespräch, wo man das sagt, was man einem Anwalt sagt", legte Pilnacek auf APA-Anfrage seine Sicht der Dinge dar. Um Amtsgeheimnisse sei es dabei nicht einmal ansatzweise gegangen. Er habe auch nicht das Gefühl gehabt, von Miklau "ausgehorcht" worden zu sein, so Pilnacek.

Ganz anders sieht der langjährige Rechtsvertreter von Alijew, Manfred Ainedter, die Angelegenheit: "Es macht einen gravierenden Unterschied, ob der Amtsvorgänger zu Pilnacek geht oder jemand anderer." Aus im Internet kursierenden Unterlagen sei mittlerweile ableitbar, "dass mit Miklau ein pensionierter Sektionschef umfassend in das von Lansky für die Kasachen betriebene 'Projekt Alijew' eingebunden war". Man habe sich nicht einmal bemüht, das zu verschleiern, so Ainedter: "Miklau hat sogar eine eigene E-Mail-Adresse im Kanzleiverband Lanskys gehabt."

Alijew wurde erst im Juli 2014 in U-Haft genommen. Im Februar wurde er tot in seiner Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt gefunden. Ob es sich – wie seitens der Justiz vermutet – um Selbstmord gehandelt hat, steht nach wie vor nicht offiziell fest – die Staatsanwaltschaft Wien wartet nach wie vor auf ein zweites, bei der Gerichtsmedizin in St. Gallen in Auftrag gegebenes Obduktionsgutachten. (APA, 31.3.2015)