Wien - Die Nachricht kam überraschend, so überraschend, dass ein Nachfolger für Jaan Albrecht an der Spitze der AUA erst noch gefunden werden muss. Dieser wechselt auf Bitten der AUA-Mutter Lufthansa mit 1. Juni zu Sunexpress in die Türkei. Sunexpress ist ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines.

Ausgelöst wurde die Personalrochade durch Paul Schwaiger, der nach 15 Jahren an der Spitze des Ferienfliegers Sunexpress im Sommer verlässt. Einen Nachfolger zu finden, mit dem beide Parteien leben können, habe sich als einigermaßen schwierig herausgestellt", sagte ein Eingeweihter dem STANDARD. Da Albrecht das Vertrauen sowohl von Lufthansa als auch von Turkish genießt, sei er vom Mutterkonzern gebeten worden, die Geschäftsführung bei Sunexpress in Antalya und bei der Tochter Sunexpress Deutschland in Frankfurt zu übernehmen. Die Nachfolge für Albrecht, der seit 1. November 2011 Chef der AUA ist, soll in einer a. o. Aufsichtsratssitzung in den kommenden Wochen geregelt werden. "Termin für die Sitzung gibt es noch keinen, dazu war die Zeit zu knapp", sagte AUA-Sprecher Peter Thier.

Verlängerung in der Tasche

Der Vertrag von Albrecht, der am 21. Jänner seinen 60. Geburtstag feierte, wäre am 31. Oktober ausgelaufen. Er soll aber bereits eine Verlängerung in der Tasche gehabt haben - was im Lufthansa-Konzern eher unüblich ist, wo eine strikte 60-Jahr-Regelung für Vorstände gilt. Wer das 60. Lebensjahr erreicht hat, wird in der Regel nicht mehr verlängert.

Sunexpress wird für den Lufthansa-Konzern, der gerade vom mutmaßlich bewusst herbeigeführten Absturz einer Germanwings-Maschine über den französischen Alpen schwer getroffen ist, immer wichtiger. Der Ferienflieger soll künftig Langstreckenflüge für die neue Eurowings durchführen. Dagegen stemmen sich Piloten und Flugbegleiter, weil bei Sunexpress andere (für Lufthansa günstigere) Verträge gelten.

Der Lufthansa-Konzern hat Anfang März in Berlin angekündigt, ab Ende des Jahres unter seiner neuen Billigmarke auch günstige Langstreckenverbindungen anbieten zu wollen - und Sunexpress als Betreiber ausgewählt. Bisher war Sunexpress mit einer reinen Boeing-737-Flotte auf der Mittelstrecke meist rund um das Mittelmeer unterwegs. Für die Langstrecke sollen nun zwei Airbusse A330-200 an den Start gehen.

Erfahrung mit Rebellen

Erfahrung mit rebellischen Piloten hat Albrecht in seinen dreieinhalb Jahren an der Spitze der AUA genügend gesammelt. 2011 stand die Airline am Rande der Pleite. Albrecht, der seine Karriere bei der Fluglinie Mexicana begann und sich über viele Jahre als Spitzenfunktionär der Internationalen Pilotenvereinigung Ifalpa und dann als Chef der Star Alliance einen Namen gemacht hatte, verordnete der AUA einen dramatischen Sanierungskurs und brach dabei auch mit Tabus. Für 2014 konnte Albrecht dann einen, wenn auch kleinen, Betriebsgewinn von zehn Millionen Euro bekanntgeben. (Günther Strobl, DER STANDARD, 1.4.2015)