"Thema" mit Christoph Feurstein.

Foto: Screenshot

"Kamera distanzieren = Trauer akzeptieren": Mit diesen Worten wehrt sich jene Halterner Schule, die durch den Flugzeugabsturz in Südfrankreich 16 Schüler und zwei Lehrerinnen verlor, gegen den Andrang jener Medien, die nach dem Unglück vor einem mindestens ebenso großen Problem stehen: dem Informationsvakuum. Sie müssen etwas zeigen, etwas sagen. Und erachten dabei notfalls auch den Anblick und die "Statements" trauernder Angehöriger für berichtenswert.

Das ORF-Magazin "Thema" respektierte den Wunsch insofern, als es bei der "Frage nach dem Warum" Gruppen trauernder Angehöriger verschwommen abbildete. Dass dann nicht nur die Gesichter unkenntlich, sondern außerdem die Tränen unsichtbar werden - Details, auf die es eben ankommt! - dürfte der Redaktion dann aber nicht ganz geheuer gewesen sein.

Also suchte man Stellvertreter - und fand eine Grazer Familie, die vor 24 Jahren "Ähnliches erlebt hat": Wenn Elisabeth Minutillo davon spricht, wie beim Absturz der Lauda-Air-Maschine am 26. Mai 1991 in Thailand ihr Bruder und dessen Partnerin starben, sagt sie ergreifende Sätze. Man fühlt mit ihr. Dass Minutillo nur bedingt vergleichbar ist mit den heute Betroffenen, die letztlich noch immer unsicher sein müssen, wie das Unglück geschah, scheint egal zu sein.

Das Wichtigste ist, dass Minutillo Tränen in den Augen hat, die man zeigen darf. Unlängst lobte man an dieser Stelle den ORF: "Im Zentrum" habe die Kehre zur Kultursendung geschafft durch klugen Umgang mit den Toten. Jetzt hat "Thema" wieder umgedreht. "Wenn Elisabeth Minutillo dieser Tage die Zeitung aufschlägt, kommen viele Erinnerungen in ihr hoch": Boulevard. (Roman Gerold, DER STANDARD, 1.4.2015)