Frankfurt – Die Europäische Zentralbank will im Rahmen ihrer Bankenaufsicht den großen Geldhäusern im Währungsraum genau auf die Finger schauen. "Wir stellen unbequeme Fragen und haken bei den Antworten gegebenenfalls nach", kündigte die oberste EZB-Bankenaufseherin, Daniele Nouy, in ihrem am Dienstag vorgelegten Jahresbericht an. Die EZB werde ein strenger und unvoreingenommener Aufseher sein, versicherte sie. Die Zentralbank ist seit Herbst vergangenen Jahres für die Aufsicht der rund 130 größten Banken in der Euro-Zone zuständig. Nouys Äußerungen dürften Hoffnungen in der Finanzbranche dämpfen, die Aufseher könnten einen Gang zurückschalten.

Die Ertragslage der Banken wird Nouy zufolge weiterhin von der schwachen Konjunktur und einer hohen Arbeitslosigkeit belastet. Zudem stelle die langanhaltende Niedrigzinsphase die Geldhäuser vor Herausforderungen. Nouy rechnet damit, dass in den von der Krise am stärksten betroffenen Ländern Ausfälle bei Unternehmenskrediten eintreten könnten. Hier sollen die Banken deshalb schärfer unter die Lupe genommen werden. Einen weiteren Schwerpunkt wollen die Kontrolleure in diesem Jahr bei der Überwachung der Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle legen. "Aggressive Strategien bei der 'Jagd nach Rendite' werden von der Aufsicht aufmerksam beobachtet", kündigte Nouy an. Auch die Eigenkapitalausstattung und die Liquidität seien nach wie vor für die Aufsicht von höchster Priorität.

Aus der Politik waren zuletzt Stimmen gekommen, die auf ein Ende der Regulierungswelle in Europa hindeuten. So hatte der britische EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill erklärt, künftig werde es stärker darum gehen, die Umsetzung beschlossener Schritte zu überwachen und Impulse für Wirtschaftswachstum zu setzen. Bei neuen Regulierungsvorhaben werde genau darauf geschaut, ob sie verhältnismäßig seien und was sie für Wachstum und Arbeitsplätze bedeuten. Härtere Vorschriften und eine strengere Überwachung der Geldhäuser sind eine Folge der Finanzkrise 2007 bis 2009, als viele Banken rund um den Globus mit Steuergeldern gerettet wurden. (Reuters, 31.3.2015)