Augusta - Wahrscheinlich war es nur eine geniale PR-Aktion, vielleicht aber beantwortete Sportartikelhersteller Nike auch einfach die derzeit wohl spannendste Frage der Golfszene. Auf seiner Website jedenfalls veröffentlichte der Konzern schon einmal das Outfit seines Superstars Tiger Woods für das US-Masters in der kommenden Woche in Augusta. Ob der 14-malige Major-Sieger, der seit rund zwei Monaten kein Turnier mehr bestritten hat, aber tatsächlich abschlagen wird, ist weiter ungewiss.
Profi Notah Begay, der gemeinsam mit Woods an der Universität in Stanford, Kalifornien, studierte und für gewöhnlich guten Kontakt zu seinem Kollegen pflegt, bezifferte dessen Antrittswahrscheinlichkeit auf 50 Prozent. "Aber", sagte Begay mit Nachdruck, "vor drei Wochen hätte ich noch von maximal zehn Prozent gesprochen. Es war gut, dass er sich Ruhe gegönnt hat. Ich denke, sein Spiel als Ganzes stimmt."
Begay wird mit dieser Einschätzung vermutlich allein dastehen. Bei seinem bisher letzten Turnier Ende Jänner scheiterte der 39-jährige Woods auch wegen der schlechtesten Profirunde (82), die er je gespielt hatte, am Cut. Die Veranstaltung eine Woche später in San Diego musste er bereits nach elf Löchern wegen Rückenschmerzen abbrechen, es folgte eine Auszeit, die noch immer andauert. Woods tauchte regelmäßig bei Skirennen auf, um seine Freundin Lindsey Vonn zu unterstützen. Letztmals spielte er bei den British Open 2014 ein Turnier über vier Runden zu Ende.
"Mein Spiel und meine Ergebnisse sind derzeit nicht akzeptabel fürs Turnier-Golf. Ich will auf höchstem Level spielen, und wenn ich mich dafür bereit sehe, werde ich zurückkehren", hatte der Kalifornier auf seiner Website verlauten lassen. "Ich spiele nur, wenn ich wieder richtig konkurrenzfähig bin."
Hohe Ansprüche
Genau das ist Woods allerdings schon länger nicht mehr, schon gar nicht gemessen an seinen eigenen hohen Ansprüchen. Letzter Turniersieg? August 2013. Letzter Major-Titel? US Open 2008. In der Weltrangliste wird er seit Montag als Nummer 104 geführt. Zum ersten Mal seit dem 23. September 1996 scheint er nicht mehr unter den Top 100 auf. Ein Desaster für den 79-maligen Turniersieger, der die Szene über Jahre hinweg praktisch nach Belieben bestimmt hat, 683 Wochen lang an der Spitze gestanden ist.
Dass Woods einzig und allein wegen seiner fehlenden Form aussetzt, wollen nicht alle seiner Kollegen glauben. "Warum sollte er gerade auf das Masters verzichten, wenn er denn nicht verletzt ist?", fragte sich US-Star Bubba Watson selbst.
Das erste Major des Jahres hatte Woods immerhin viermal (1997, 2001, 2002, 2005) gewonnen, verbuchte dazu sechs Top-Ten-Resultate. "Ich glaube", sagte Notah Begay hoffnungsvoll, "dass sich die Dinge wieder zurechtrücken." Der Tour jedenfalls würde es guttun. "Es wäre wirklich wundervoll, ihn wieder zu sehen, wie er sein bestes Golf spielt", sagte der Nordire Darren Clarke, der das europäische Ryder-Cup-Team im kommenden Jahr in den USA als Kapitän anführen wird. "Wir sollten nicht zu voreilig sein und ihn schon abschreiben."
Der bekannte irische Golf-Blogger Donal Hughes scheint das aber schon getan zu haben. Unter "Plan B" veröffentlichte er jedenfalls das passende Outfit für Woods, sollte dieser denn auch beim Masters (9. bis 12. April) fehlen. Neben einer Jogginghose und einem Sweatshirt gehören dort auch eine Popcornschüssel und eine TV-Fernbedienung zur Ausrüstung des Tigers. (sid, red, DER STANDARD, 1.4.2015)