"Wenn die griechische Regierung nicht kapiert, dass sie mit ihrer Strategie des Verzögerns und Verschiebens bei den Europartnern nicht weiterkommt, wird man ihr nicht helfen können", sagte ein in die Verhandlungen der Geldgebertroika involvierter Experte am Dienstag. Dann werde es wohl auch sehr eng werden mit der Finanzierung der laufenden Ausgaben aus dem Haushalt, weil Griechenland am Rande der Pleite stehe. Kurz zuvor waren die Gespräche zwischen den Regierungsvertretern aus Athen und den "Institutionen", den Beamten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), unterbrochen worden - ohne greifbares Ergebnis, wie eine Sprecherin der Kommission bestätigte. Bisher habe die griechische Seite die angekündigte "Liste" von Reformen, die man für einen Abschluss des zweiten Hilfspakets braucht, nicht vorgelegt. Es lägen nur einzelne "Ideen" dazu vor, kein vollständiges Paket.
Solange das so ist, könne es auch keinerlei Entscheidung der Eurofinanzminister geben, wie man die ausstehenden Kredite von 7,2 Milliarden Euro auszahlt. Wie ein Regierungsvertreter dem Standard erklärte, bedürfe es dazu einer Vorlage der Euroarbeitsgruppe, die erst wieder nächste Woche, am 8. April, konferiere. Bevor es zu einer Beschlussvorlage für die Minister komme, müssten die Troikaexperten die griechischen Vorlagen positiv bewertet haben. Davon sei man weit entfernt, heißt es in Brüssel.
Doppelspiel in Sachen Finanzierung
Für zusätzlichen Unmut sorgt der Umstand, dass der griechische Regierungschef Alexis Tsipras eine Art Doppelspiel begonnen hat, was die mögliche Finanzierung seiner Pläne betrifft.
Einerseits hat er der deutschen Kanzlerin Angela Merkel bei einem Besuch in Berlin vor einer Woche ein Gesamtkonzept für Reformen "binnen Tagen" in Aussicht gestellt. Auf der anderen Seite kündigte er Dienstag an, bei seiner Reise nach Moskau Mitte nächster Woche eine "engere Zusammenarbeit" mit Russland anzustreben. Konkret will er über billigere Gaslieferungen und Zugeständnisse beim Export von griechischen Agrarprodukten verhandeln, die im Zuge der EU-Sanktionen wegen der Ukraine nicht mehr ausgeführt werden konnten. Russland und Griechenland seien "enge Verbündete", sagte er in einem Interview mit der Agentur Tass mit Verweis auf den "gemeinsamen Kampf" gegen Nazi-Deutschland, was in Berlin für zusätzliche Irritation sorgt. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 1.4.2015)