Aden/Riad - Saudi-Arabien und die schiitische Houthi-Miliz im Jemen liefern einander nun auch über die Staatsgrenze hinweg Gefechte. Einwohner der jemenitischen Provinzen Saada und Hajja berichteten am Dienstag von Explosionen und schwerem Gewehrfeuer. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) beklagte, Hilfsgüter und Personal könnten das Konfliktgebiet nicht erreichen.
Die Bewohner sprachen von den heftigsten Kämpfen, seit sechs Tage zuvor Saudi-Arabien mit Unterstützung anderer sunnitischer Staaten eine Offensive gegen die Houthi-Milizen begonnen hatte. Saudi-Arabien will seinen Militäreinsatz bis zur Stabilisierung des Nachbarlandes fortsetzen. Dessen Außenminister Rijadh Jassin forderte zusätzlich zu den Luftangriffen "so rasch wie möglich" den Einsatz von Bodentruppen. Auch am Dienstag hielt der Kampf um die Hafenstadt Aden im Süden des Jemens an. Im Norden hatte die Koalition in der Nacht Houthi-Stellungen unter anderem in der Hauptstadt Sanaa aus der Luft angegriffen.
Im Grenzgebiet im Norden seien Hubschrauber des saudi-arabischen Militärs im Einsatz, berichteten Einwohner. Gekämpft werde vor allem in den Bezirken Shida und Al-Hisama in der Provinz Saada sowie in der Stadt Harad in der Nachbarprovinz Hajja. Die Houthi haben ihre Hochburgen im Norden.
"Wir sind nicht diejenigen, die den Krieg fordern", sagte der saudi-arabische Außenminister Saud al-Faisal. Sein Land sei aber dazu bereit, erklärte er vor dem Schura-Rat, wie die beratende Versammlung per Twitter mitteilte. Der Militäreinsatz werde weitergehen, um die rechtmäßige Regierung des jemenitischen Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi zu verteidigen, sagte Al-Faisal. Der Kampf werde solange dauern, "bis seine Ziele erreicht sind und der Jemen wieder zu Sicherheit, Stabilität und Einheit zurückgekehrt ist".
Die Regierung Hadis forderte mehr Hilfe. Außenminister Jassin antwortete dem arabischen Fernsehsender Al-Arabiya Hadath auf die Frage nach dem Einsatz arabischer Bodentruppen: "Ja, wir bitten darum, und zwar so schnell wie möglich, um unsere Infrastruktur zu schützen und die Jemeniten zu retten, die in vielen Städten unter Belagerung leben."
In Aden wurden bei Angriffen auf ein Wohnhaus Augenzeugen zufolge zehn Milizionäre getötet, die loyal zu Hadi standen. Trotz heftigen Beschusses rückten Houthi-Rebellen und mit ihnen verbündete Anhänger des früheren Präsidenten Ali Abdullah Saleh weiter auf Aden vor, die letzte Bastion der Hadi-Fraktion. Im Süden der Stadt wurden durch Artilleriebeschuss nach Behördenangaben mindestens 26 Menschen getötet.
Dem von Saudi-Arabien geführten Bündnis gehören zahlreiche sunnitische Staaten an. Sie und der Westen werfen dem Iran vor, die Houthi-Milizen militärisch zu unterstützen. Die Regierung in Teheran weist dies zurück. Irans Vize-Außenminister Hossein Amir Abdollahian rief alle Parteien auf, die Kämpfe einzustellen und zum Dialog zurückzukehren. "Der Iran und Saudi-Arabien können zusammenarbeiten, um die Krise im Jemen beizulegen", sagte er in Kuwait. Der Iran bemühe sich um Gesprächskanäle und habe einen Vorschlag zu unterbreiten. Details nannte Abdollahian nicht.
In dem Bürgerkrieg im Jemen offenbart sich auch ein Stellvertreterkampf zwischen den Schutzmächten der Sunniten und der Schiiten, Saudi-Arabien und Iran. So beäugt Saudi-Arabien misstrauisch die Verhandlungen im Atomstreit mit dem Iran und fürchtet eine Stärkung des Erzrivalen, sollte es zu einer Annäherung zwischen ihm und dem Westen kommen.
Wegen der immer heftigeren Kämpfe hat China seine letzten Staatsbürger aus dem Jemen geholt. Mehr als 570 Menschen seien per Schiff nach Dschibuti gebracht worden, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Die europäische Agentur für Flugsicherheit EASA rief die Fluggesellschaften auf, den jemenitischen Luftraum zu meiden. Die Turkish Airlines stellte alle Flüge von Istanbul in den Jemen bis zum 5. April ein. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) erklärte am Dienstagabend in einer Aussendung, weitere medizinische Unterstützung und geschultes medizinisches Personal sei im Jemen dringend vonnöten. Hilfsgüter und Personal könnten das Konfliktgebiet aber nicht erreichen, klagte MSF-Operationsdirektor Greg Elder. (APA/Reuters, 31.3.2015)