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ANDREAS OGRIS (50) stürmte für den Floridsdorfer AC, für Austria Wien (5 Meistertitel, 3 Cupsiege), Admira Wacker, Espanyol Barcelona, und LASK Linz, schoss elf Tore in 63 Länderspielen von 1986 bis 1997, war unter Ernst Happel Teamkapitän und "Fußballer des Jahres 1990". Trainerstationen: 1. Simmeringer SC, PSV_Team für Wien, ASK_Schwadorf, 1. Simmeringer SC, FAC_Team für Wien, Austria Amateure, Austria Wien. Seine fünf Friseurgeschäfte werden "von der Frau und der Tochter geführt. Auch dort bin ich eher für die Stimmung zuständig".

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Standard: Wie sind Ihre Eindrücke nach knapp zwei Wochen im Amt?

Ogris: Es passt mit der Stimmung, die Mannschaft hat recht gut mitgezogen. Aber wir können noch so gut trainieren – wenn das Resultat nicht stimmt, nützt das gar nichts.

Standard: Am Samstag geht’s auswärts gegen Meister Salzburg. Man könnte sagen, die Austria hat nicht viel zu verlieren.

Ogris: Natürlich hat die Austria viel zu verlieren, nämlich drei Punkte. Aber das will sie nicht. Und wir haben die Qualität, aus Salzburg Punkte mitzunehmen. Das Spiel muss erst gespielt sein. Natürlich glauben viele, dass wir dort eine drüberkriegen. Aber was gibt es Schöneres, als Kritiker eines Besseren zu belehren?

Standard: Unter Ihrem Vorgänger Gerald Baumgartner war die Stimmung in der Mannschaft schlecht, das Selbstvertrauen fehlte, es gab viel Kritik der Fans und Medien. Wo haben Sie den Hebel angesetzt?

Ogris: Die Kopfgeschichte ist ein wesentlicher Faktor. Wenn du im Kopf frei bist, geht Vieles leichter. Ich schau nicht zurück, an der Vergangenheit kann ich eh nichts ändern. Ich bin ein positiver Typ. Und wenn ich das auf die Mannschaft rüberbringe, werden wir auch etwas weiterbringen.

Standard: Welches Spiel kann man sich von der Austria unter Andi Ogris erwarten, welches Spiel erwarten Sie?

Ogris: Wie die Austria unter dem Ogris spielen wird? Ja, wofür steht denn die Austria? Sie steht für offensiven, technischen Fußball, und den wollen wir zeigen.

Standard: Zehn Runden sind ausständig, die Austria liegt an siebenter Stelle, acht Punkte fehlen auf Rang vier. Schlechter kann’s kaum werden – ist Ihre Aufgabe nicht eigentlich dankbar?

Ogris: So denk ich nicht. Denn was wird in Erinnerung bleiben, wenn es der Ogris nicht schafft? Es wird nicht bleiben, dass er nur zwei Monate Zeit gehabt hat, sondern es wird bleiben, dass er es nicht geschafft hat. Ich will, wir wollen einen internationalen Startplatz erreichen, wie, das ist egal.

Standard: Es wäre zwar vielleicht gute, alte Austria-Tradition, dass Sie wieder abgelöst werden, wenn Sie Ihr Ziel erreichen – aber wäre es nicht auch seltsam?

Ogris: Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf, darüber sollen sich dann vielleicht andere den Kopf zerbrechen. Ich bin eingesetzt worden, damit die Austria in den Europacup kommt. Und ob sie das schafft oder nicht, auf mich wartet mein alter Job bei den Austria Amateuren – und der macht mir viel Spaß.

Standard: Wie ist Ihr Umgang mit der Mannschaft und der Umgang der Mannschaft mit Ihnen, sind Sie mit den Spielern und die Spieler mit Ihnen per Du?

Ogris: Ich sag zu allen ’Du’, und ich hab es Ihnen freigestellt, wie sie mich anreden, ob sie zu mir ’Trainer’ oder ’Andi’ oder ’Herr Ogris’ sagen. Jetzt, am Anfang, sagen alle ’Trainer’, aber das wird schon lockerer werden. Die Anrede und das Duzen oder Siezen ist letztlich völlig egal, entscheidend ist der gegenseitige Respekt. Genau den Respekt, den ich den Spielern entgegenbringe, erwarte ich auch von ihnen.

Standard: Würden Sie sich eher als Kumpeltyp oder als Respektperson bezeichnen?

Ogris: Ich will eine Mischung aus beidem sein. Auf jeden Fall bin ich ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, und ich lache halt gern. Ich fange mit Negativlingen nichts an. Ein Tag, an dem ich nicht lache, ist ein verlorener Tag.

Standard: Unter Baumgartner haben einige Spieler wie beispielsweise Manuel Ortlechner das Lachen verlernt, weil sie in Ungnade fielen. Wie gehen Sie mit diesen Spielern um, stehen die auch weiterhin auf dem Abstellgleis?

Ogris: Bei mir steht genau gar niemand auf dem Abstellgleis. Wir sind derzeit nicht in der Lage, auf irgendeinen Spieler verzichten zu können. Wir müssen alle Kräfte bündeln. Jeder kann sich seine Chance im Training selbst erarbeiten. Allen muss bewusst sein, dass sie nicht für irgendeinen Verein, sondern für die Austria spielen. Das will ich sehen, im Training und im Match.

Standard: Kann man erwarten, dass Sie mit der einen oder anderen Umstellung sozusagen einen raschen Reiz setzen werden?

Ogris: Man kann es natürlich erwarten. Man kann immer alles erwarten. Aber ob das dann auch wirklich stattfindet, ist eine andere Geschichte. Wir fahren jedenfalls sehr fokussiert, sehr konzentriert nach Salzburg und werden versuchen, dort alles richtig zu machen.

Standard: In Ihrer aktiven Zeit waren Busfahrten, vor allem nach Siegen retour, oft recht lustig. Heute haben die Spieler eher das Handy in der Hand als die Spielkarten. Wie denken Sie darüber?

Ogris: Ich hab ja auch eine Tochter, die 26 ist und permanent das Handy in der Reißen hat. Das ist bei den Spielern ähnlich, die schicken SMS, surfen, sind in den Internetforen. Solange ein Spieler nicht fünf Minuten vor Matchbeginn noch in sein Handy schaut, ist es mir egal. Wir wären wahrscheinlich genauso gewesen, wenn’s Handys gegeben hätte. Ich telefoniere schon ungern. Aber bevor ich endlos SMS schreibe, telefoniere ich lieber.

Standard: Nummer eins zumindest in Wien zu sein, ist den Fans besonders wichtig. Abgesehen von zwölf Punkten Differenz – wieviel weiter ist Rapid als die Austria?

Ogris: Rapid und Austria sind schwer vergleichbar, gehen unterschiedliche Wege. Aber natürlich hat Rapid viele junge Spieler schon eingebaut, da sind wir hintnach. Auch der Weg der Austria muss über Eigenbauspieler gehen. Wir haben einige echt gute Spieler bei den Amateuren, in der Akademie kommen etliche nach. Die Frage ist immer, wie geduldig sind die jungen Spieler, und wie geduldig ist der Verein mit ihnen.

Standard: Sie haben als Spieler sehr viele Trainer erlebt. Von wem profitieren Sie jetzt?

Ogris: Ich hab mir von vielen etwas mitgenommen. Ich hab damals, als Spieler, schon früh begonnen, mir Notizen zu machen. Und es gibt eigentlich nur einen, bei dem ich mir gar nichts aufgeschrieben hab, den Egon Coordes. Bei dem hätte ich nicht gewusst, was ich mir aufschreiben soll.

Standard: Kicken Sie selbst noch dann und wann?

Ogris: Haben Sie mich in letzter Zeit einmal gesehen? Ich zieh mir nur noch im Training die Fußballschuhe an – oder, selten, wenn die alten Herren kicken. Okay, mit zehn, fünfzehn Kilo weniger wär’ einiges einfacher, das Socken anziehen, das Schuhe zubinden. Aber prinzipiell fühl’ ich mich schon wohl in meinem Körper. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 4.4.2015)