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"Gringo, respektiere uns!" Wie auf diesem Graffito in Caracas zu lesen ist, sind die USA in Venezuela nicht gut angeschrieben.

Foto: Reuters / JORGE SILVA

Nicolás Maduro (rechts) wird auch vom bolivarischen Präsidenten Evo Morales in der kritischen Haltung gegenüber den USA unterstützt.

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Barack Obama bei seiner Ankunft in Panama.

Foto: APA/EPA/Castaned

Panama/Puebla - Zum ersten Mal sind alle 35 Mitgliedsstaaten präsent, wenn am Freitag in Panama der siebente Amerika-Gipfel beginnt. Stargäste sind Raúl Castro, der sozialistischer Staatschef Kubas, das zum ersten Mal seit dem Ausschluss des Inselstaates aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im Jahr 1962 wieder teilnimmt, und natürlich US-Präsident Barack Obama. Beide Länder haben erst im vergangenen Dezember nach 50 Jahren ihr Kriegsbeil begraben und eine Normalisierung der Beziehungen angekündigt.

Die Rückkehr Kubas ist ein Erfolg für die lateinamerikanische Diplomatie, die seit Jahren den Anachronismus aus Zeiten des Kalten Krieg zu beenden suchte. Die USA erhoffen sich vom symbolischen Handschlag in Panama die Wiederbelebung der OAS und eine Verbesserung der Beziehungen zu dem vernachlässigten Subkontinent.

Doch ob das gelingt, ist fraglich, weil Obama kürzlich Venezuela zum "Sicherheitsrisiko" erklärte und Sanktionen gegen korrupte Beamte verhängte. Die Motive Obamas sind unklar; Beobachter sehen ein Zugeständnis an die republikanische Kongressmehrheit - oder auch einen Versuch, dem wirtschaftlich angeschlagenen Präsidenten Nicolás Maduro und seinem sozialistischen Regime den Todesstoß zu versetzen.

Maduro: "Lügen der USA"

Obamas Schritt wurde in Lateinamerika unterkühlt aufgenommen und riss neue Gräben auf. Maduro will in Panama "die Wahrheit" über sein Land verkünden und die "Lügen der USA" bloßstellen. Dabei kann er auf die Unterstützung der linksregierten, "bolivarischen Bruderländer" Ecuador, Nicaragua, Bolivien, Argentinien und Kuba zählen. Statt demonstrativer Einheit und Neubeginn droht also erneut Zwist.

Für die Region zukunftsweisende Themen wie der Friedensprozess in Kolumbien, die von Kolumbien angeregte und dringend nötige kontinentale Bildungsoffensive, die Korruptionsbekämpfung, der wachsende Einfluss Chinas, der Verfall der Rohstoffpreise und die sozialen Folgen sowie die zunehmende Rolle der Zivilgesellschaft - all das droht wegen der Kontroverse zu verblassen.

Innenpolitisch gewünscht

Obama möchte die Debatte um Venezuela, die nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht, daher am liebsten ausklammern. Doch dem linken Alba-Bündnis kommt eine Konfrontation innenpolitisch sehr gelegen: In Venezuela kämpft Maduro gegen die katastrophalen Folgen seiner Wirtschaftspolitik und den wachsenden Einfluss der bürgerlichen Opposition, die Umfragen zufolge schon 25 Prozentpunkte Vorsprung hat.

In Argentinien sind die Tage von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner gezählt; der Sieger der Wahlen im Oktober wird aller Voraussicht nach weiter rechts stehen als sie. Und in Bolivien musste Evo Morales bei Regionalwahlen herbe Rückschläge einstecken - trotz undemokratischer Winkelzüge wie des Ausschlusses eines aussichtsreichen Oppositionskandidaten.

Regierungen unter Druck

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega und Ecuadors Staatschef Rafael Correa sind zwar nicht akut gefährdet, doch in der Kritik wegen autoritären Regierens, Intoleranz und Knebelung der Medien. Und Brasiliens Arbeitspartei ist geschwächt durch eine Rezession und einen Korruptionsskandal beim Ölgiganten Petrobras.

Interessant wird die Position der karibischen und mittelamerikanischen Staaten sein, die bisher am Erdöltropf Venezuelas hingen. Doch der Verfall der Erdölpreise hat Venezuela in eine akute Liquiditätskrise gestürzt und dazu gezwungen, die billigen Lieferungen zurückzufahren. Die USA, die angesichts des heimischen Fracking-Booms keine Energieprobleme haben, verkündeten bereits, in die Bresche springen zu wollen.

Die Karten werden also neu gemischt, wenngleich noch kein grundlegendes Ende der Konfrontation in Sicht ist. Zumindest dürfte die diplomatische Peinlichkeit des letzten Gipfels im kolumbianischen Cartagena 2012 erspart bleiben, als die ohnehin schon lauwarme Abschlusserklärung mangels Konsenses scheiterte. Dieses Mal hat man schon im Vorfeld auf das Ritual einer Abschlusserklärung verzichtet. (Sandra Weiss, DER STANDARD, 10.4.2015)