Linz - "Die Knechtschaft wird enden, dann seid ihr dran." Dieser Satz, Teil einer Veranstaltungsankündigung, die der türkische Verein Avrasya Linz auf Facebook postete, sorgt für neue Aufregung über den Verein. Experten sehen Avrasya als Vorfeldorganisation der rechtsextremen, antisemitischen und ultranationalistischen Grauen Wölfe. Der Satz ist - ausgerechnet in Zeiten, da man des Völkermords an den Armeniern durch die Türkei vor 100 Jahren gedenkt - an Armenier gerichtet.
Für den Rechtsextremismus-Experten und Mitautor des Buches Grauer Wolf im Schafspelz Thomas Rammerstorfer ist das eine "unverhohlene Drohung". Konkret geht es um eine Veranstaltung, bei der ein anderes historisches Ereignis thematisiert wird, der Bergkarabach-Konflikt. Den Armeniern wird vorgeworfen, im Zuge dieses Krieges für ein Massaker an aserbaidschanischen Zivilisten 1992 verantwortlich zu sein. Eine Version, die allerdings auch von vielen Seiten angezweifelt wird.
Feiern zum Genozid
Zu wissen, wie es wirklich war, maßt sich auch Rammerstorfer nicht an, der die Postings auf seinem Blog veröffentlicht hat. Doch in der Türkei werde der Genozid an den Armeniern vor 100 Jahren von den Grauen Wölfen geradezu gefeiert, so Rammerstorfer.
Zu den Postings des Linzer Vereins und eines seiner Funktionäre meint er: "Sie fühlen sich offenbar sehr sicher." Das mag auch daran liegen, dass ein Mann weiterhin nicht daran denkt, sich von Avrasya zu distanzieren: der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ). Er wurde wiederholt dafür kritisiert, mit dem Verein freundschaftlich zu verkehren.
Erst vor wenigen Wochen forderten Luger rund 70 Prominente, darunter Vertreter von Religionsgemeinschaften sowie Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, Autor und Journalist Günter Wallraff und Holocaustüberlebende, in einem offenen Brief auf, sich von Avrasya abzugrenzen. Auch SPÖ-intern weht Luger ein immer schärferer Wind entgegen. Zuletzt meldete sich auch Altkanzler Franz Vranitzky zu Wort. Der Protest wurde an Kanzler Werner Faymann weitergeleitet. Luger sieht in Avrasya keinen rechtsextremen Verein, er wittert SPÖ-interne "Querelen" gegen seine Person. Zu den von Rammerstorfer thematisierten Postings gegen Armenier wollte der Stadtchef "kein Statement abgeben", so eine Sprecherin auf Nachfrage des Standard. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 11.4.2015)