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Foto: AP/Jae C. Hong
Bild: Screenshot/Webstandard
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Nintendos Amiibo-Figuren werden als Kinderspielzeug vermarktet, das die Videospielerlebnisse auf Wii U und 3DS mittels digitaler Zusatzinhalte erweitert. Durch mangelhafte Kommunikation, ein ungewöhnliches System für Vorbestellungen und Verknappung zwingt Nintendo die Figuren jedoch in die Sammler-Sparte und stößt nicht nur jugendliche Fans vor den Kopf.

Nintendo lehnte "Skylanders"-Exklusivdeal ab

Der "Toys-to-Life"-Boom begann 2011, als Activision das erste "Skylanders"-Spiel veröffentlichte und mit den zugehörigen Spielzeugfiguren eine neue Cashcow entdeckte. Diese verfügen über NFC-Chips, die Zusatzinhalte im zugehörigen Videospiel freischalten. In der Produktionsphase wurde sogar eine Partnerschaft mit Nintendo angestrebt, um das Spiel exklusiv für die Plattformen des japanischen Unternehmens zu veröffentlichen. Obwohl es zu einem beschränkten Marketing-Deal kam, wollte sich Nintendo nicht die Exklusivrechte an "Skylanders" sichern. "Wir haben keine Ahnung, warum. Sie [Nintendo, Anm.] haben offensichtlich Marken, die gut zu dieser Welt passen. Warum sie nicht schnellstmöglich zustimmten, wird sie vermutlich bis ans Ende ihrer Tage verfolgen", zitiert die Seite Polygon Paul Reiche, einen Mitgründer des "Skylanders"-Entwicklerstudios Toys für Bob. Recht schnell folgte Disneys Beitrag mit "Disney Infinity", das Figuren verschiedener Marken wie "Fluch der Karibik", "Die Monster AG" und "Toy Story" vereint.

Amiibo-Knappheit

Ende 2014 zog Nintendo schließlich mit den Amiibo-Figuren nach, deren Popularität regelrecht explodierte. Bis Ende Januar 2015 wanderten 5,7 Millionen Exemplare über den Ladentisch. Der Hype um die kleinen Nachbildungen von Super Mario, Luigi, Peach und vielen anderen Charakteren erreichte derartige Ausmaße, dass viele Figuren bald ausverkauft und nicht mehr oder nur zu erhöhten Preisen erhältlich waren. Nintendo verschlimmerte die Knappheit mit seiner mangelhaften Kommunikation. Neben laufend nachproduzierten Figuren wie Super Mario und Link wurden von anderen Charakteren limitierte Mengen hergestellt, aber deren begrenzte Verfügbarkeit allerdings nicht kommuniziert. Aus diesem Grund sind einige Figuren wie Marth oder der Dorfbewohner aus "Animal Crossing" nur mehr zu hohen Preisen erhältlich.

Wie in einem Restaurant

Fans haben Angst, keine Exemplare neuer Amiibo-Figuren zu erhalten und sorgen dafür, dass Wellen frischer Figuren schon in der Vorbestellsphase binnen kurzer Zeit ausverkauft sind. "Normalerweise sind Vorbestellungen ein Weg, dem Handel und Unternehmen mitzuteilen, wie viele Einheiten eines Produkts bestellt werden müssen. Ist der Bedarf da, wird das Angebot vergrößert. Aber mit Amiibo ist es wie eine Reservierung in einem Restaurant; es gibt eine begrenzte Zahl an Tischen, wenn die Reservierung also nicht schnell genug erfolgt, gibt es auch kein schickes Essen, oder in diesem Fall kein winziges Plastikspielzeug.", fasst Alexa Ray Corriea in einem Kommantar auf der Seite Gamespot die Problematik mit Amiibo-Vorbestellungen zusammen.

Exklusive Figurem

Manche Figuren wurden zudem ausschließlich von bestimmten Unternehmen verkauft. So waren Ness und Shulk ausschließlich bei GameStop zu haben und Walmart bot einen speziellen goldenen Mario-Amiibo an. Statt in die Hände von Nintendo-Fans wanderten einige dieser Figuren zu Käufern, die sie lediglich gewinnbringend weiterverkaufen wollen. Da ist es besonders bitter für Enthusiasten, wenn sich einige Menschen gleich mehrere Exemplare desselben seltenen Amiibo sichern. Nintendo selbst streut mit beinahe zynisch wirkenden Tweets noch einmal Salz in die Wunde.

Änderungsbedarf

Nintendos Image als Hersteller familienfreundlicher Produkte passt nicht zur eigenwilligen Amiibo-Politik. Familien mit Kindern haben kaum eine Chance, an Figuren mit geringer Auflage zu kommen, die im Gegensatz zu Dauerbrennern wie Mario und Link nicht nachproduziert werden. Der japanische Konzern spielt letztendlich nur Menschen in die Hände, die sich die teuren Figuren leisten können. Sammlern wird mitunter viel Geld abgeknöpft, Kinder und weniger potente Fans schauen durch die Finger und Nintendo schöpft das volle Verkaufspotenzial der Amiibo nicht aus.

Nintendo bricht das Schweigen

Nach langer Funkstille äußerte sich Nintendo schließlich zu den Problemen mit der Bereitstellung von Amiibo. Man habe zwar auf großen Erfolg gehofft, doch selbst die eigenen Erwartungen seien übertroffen worden, sagt James Honeywell, Head of Consumer Marketing bei Nintendo UK. "Wir hoffen, in Zukunft bessere Arbeit zu leisten, diese Bedürfnisse mit größeren Lagerbeständen zu befriedigen und auch wenn es immer dazu kommen kann, dass bestimmte Charaktere nicht erhältlich sind, denke ich, dass es auch ein Teil des Reizes ausmacht."

Es wäre wünschenswert, dass Nintendo zu diesem Versprechen steht. Man darf schließlich nicht vergessen, dass es sich hier nicht nur um kleine Spielzeugfiguren handelt, sondern auch um digitale Inhalte und Funktionen wie etwa exklusive spielbare Charaktere, die andernfalls einer großen Gruppe von Spielern vorenthalten werden. Statt eine schöne Linie von Spielzeugen für Fans zu produzieren läuft Nintendo bei unverändertem Kurs in Gefahr, seine treuesten Anhänger zu verärgern. (Lukas Urban, derStandard.at, 24.4.2015)