München - Die Immunantwort, mit der sich der Körper gegen Krankheitserreger wehrt, ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Zelltypen. Dendritische Zellen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Sie erkennen Krankheitserreger, nehmen diese auf und zerlegen sie in Bruchstücke, die Antigene genannt werden. Diese Antigene präsentieren sie auf ihrer Oberfläche anderen Immunzellen, den T-Zellen, die dadurch aktiviert werden und die Eindringlinge bekämpfen.

Thomas Brocker vom Institut für Immunologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) konnte nun nachweisen, dass Makrophagen, die zu den Fresszellen zählen, diese Funktion ebenfalls übernehmen können. Demnach dürften Makrophagen eine Rolle für die Immunantwort spielen, die noch unbekannt war.

"Bislang ging man davon aus, dass es mit den dendritischen Zellen nur einen zentralen Zelltyp im Immunsystem gibt, der für die Antigenpräsentation zuständig ist. Wir haben nun herausgefunden, dass es mit den Makrophagen eine zweite Art an Zellen gibt, die ähnlich kompetent sind und in bestimmten Situationen wichtigere Rollen spielen können als dendritische Zellen", sagt Thomas Brocker.

Natürliche Filterfunktion nutzen

Dendritische Zellen präsentieren Antigene sogenannten zytotoxischen T Zellen entweder, weil sie selbst infiziert sind, oder indem sie die Infektion bei anderen Zellen erkennen und deren Material aufnehmen. Im letzteren Fall spricht man von "Kreuzpräsentation". "Theoretisch wären die dendritischen Zellen dann für die komplette Immunantwort verantwortlich, egal ob sie selbst infiziert sind oder nicht. Vor allem die Bedeutung der Kreuzpräsentation ist in der Literatur jedoch sehr umstritten", erläutert Brocker.

Der Immunologe hat in seiner Studie einen Impfstoff verwendet, der die dendritischen Zellen nicht infiziert, sondern nur die Makrophagen anspricht. Im Mausmodell ließ sich dennoch eine normale Immunantwort nachweisen. Selbst bei einem Mausstamm, dem die dendritischen Zellen ganz fehlten, funktionierte die Immunantwort.

In weiteren Versuchen konnte der Forscher zeigen, dass die Makrophagen sogar eine vollständigere Immunreaktion auslösten. Sie aktivierten T-Zellen spezifisch für alle untersuchten Antigen-Bindungsstellen (Epitope), während durch die Antigen-Präsentation der dendritischen Zellen T-Zellen nur spezifisch für die stärksten Epitope aktiviert wurden.

Neue Impfstrategien entwicklen

Makrophagen sind meist die ersten Immunzellen im Körper, die eindringende Erreger erkennen. "Makrophagen haben eine natürliche Filterfunktion, sie fressen alles auf, was für den Körper schädlich ist. Wir konnten nun zeigen, dass sie - im Gegensatz zu kreuzpräsentierenden dendritischen Zellen - sogar ausreichend sind, um alle von uns untersuchten Epitope für T-Zellen herzustellen und damit eine komplette Immunantwort auszulösen. Die Forschungsergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Funktion der Kreuzpräsentation der dendritischen Zellen bislang überschätzt wurde", sagt Brocker.

Die neuen Erkenntnisse könnten für die Entwicklung von Impfstrategien relevant sein. "Inzwischen gibt es präklinische Versuche, Impfstoffe so zu gestalten, dass sie spezifisch dendritische Zellen ansprechen. Aber gerade die schwachen Antigenepitope sind für eine breit angelegte Immunantwort wichtig, beispielsweise wenn sich Viren verändern. Kreuzpräsentierende dendritische Zellen sprechen diese aber gar nicht an, wie unsere Studie zeigt. Unsere Ergebnisse legen nun nahe, dass es sinnvoll sein kann, Makrophagen direkt zu manipulieren, da sie eine vollständigere Immunantwort auslösen", meint der Immunologe. (red, derStandard.at, 15.4.2015)