Bild nicht mehr verfügbar.

Die Substanzen tragen plakative Namen wie "Spice", "Blaze" und "Sense". Die Rauschmittel dürften aber alles andere als harmlos sein.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Wien – Der Verbrauch psychoaktiver Substanzen nimmt EU-weit drastisch zu. Zwischen 2009 und 2013 hat sich die Zahl der Designerdrogen verdreifacht. Schätzungen zufolge kommt derzeit mehr als eine neue synthetische psychoaktive Substanz pro Woche auf den Markt. In Österreich dürften Rauschmittel wie "Spice", "Sense" und "Yucatan Fire" aber nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Wirkungsweise der Designerdrogen ist in den meisten Fällen noch nicht ausreichend geklärt. Ein EU-Forschungsprojekt mit dem Titel "SPICE II Plus" weist nun auf die potenziell genschädigende Wirkung von synthetischen Cannabinoiden hin. "Diese Cannabinoide sind chemisch schwer identifizierbar. Mögliche unerwünschte toxische Wirkungen, die beim Konsum auftreten können, wurden bisher kaum untersucht", heißt es von der Medizinischen Universität Wien. Im Rahmen eines EU-Projekts konnten die Wissenschafter des Wiener Krebsforschungsinstituts nun im Labor an humanen Zelllinien einen möglicherweise krebserregenden Effekt dieser Substanzen identifizieren.

Problemfeld Lunge und Mundhöhle

Synthetische Cannabinoide binden ähnlich wie Tetrahydrocannabinol (THC, der psychoaktive Inhaltsstoff von Marihuana) an den Cannabinoid-Rezeptoren im menschlichen Gehirn. Die genschädigenden Effekte würden aber vor allem die Schleimhaut der Mundhöhle und die Lunge betreffen.

"Vor allem die Atemorgane und der Verdauungstrakt sind erhöhten Konzentrationen dieser Drogen ausgesetzt. Unsere Untersuchungen an menschlichen Zelllinien im Labor haben gezeigt, dass die synthetischen Cannabinoide in diesen hohen Konzentrationen etwa in Zellen der Mundhöhle und in der Lunge wahrscheinlich Schäden der Erbsubstanz auslösen, die für die Konsumenten relevant sein könnten. Sie schädigen die Chromosomen, diese Eigenschaft steht in unmittelbarem Zusammenhang mit Krebserkrankungen", sagt Siegfried Knasmüller vom Wiener Krebsforschungsinstitut.

Mehr als 200 Substanzen gemeldet

Ob die Forschungsresultate im Labor auch eine Relevanz bezüglich der Auslösung von Krebserkrankungen bei Drogenkonsumenten haben, ist durch die Forschungsergebnisse nicht geklärt.

Zwischen 2005 und 2012 wurden über das Frühwarnsystem der Europäischen Union knapp 240 neue psychoaktive Substanzen gemeldet, die als Räuchermischungen, Badesalze oder Pflanzendünger getarnt sind und weitgehend problemlos via Internet gekauft werden können. In 140 Fällen handelte es sich um synthetische Cannabinoide.

Problematisch sei vor allem, dass die Konsumenten nie wirklich wissen, was in den Mischungen tatsächlich enthalten ist. Die Verbraucher haben keinerlei Infos über die unterschiedlich starken Effekte, da sie die detaillierte Zusammensetzung der synthetisch hergestellten Drogen nicht kennen. Auch bei "bekannten" Produkten ändern sich ständig Art und Menge der zugesetzten Inhaltsstoffe. Entsprechend groß sei die Gefahr einer ungewollten Überdosierung. So ist es wiederholt zu schweren gesundheitlichen Schäden beziehungsweise Vergiftungen bei Konsumenten gekommen, in Einzelfällen auch mit Todesfolgen, sagt Knasmüller.

Um die psychoaktiven Substanzen schneller verbieten zu können, verabschiedete der Innenausschuss des Europaparlaments Anfang Februar ein Gesetz. Damit sollen die Verfahren für ein europaweites Verbot der potenziell schädlichen Substanzen auf wenige Wochen verkürzt werden. (APA, gueb, 16.4.2015)