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Tausende Menschen haben am Donnerstag am "Marsch der Lebenden" in Auschwitz teilgenommen

Foto: APA/EPA/STANISLAW ROZPEDZIK

Krakau - Mehr als 10.000 Menschen aus aller Welt nehmen am Donnerstagnachmittag in Auschwitz am "Marsch der Lebenden" teil. Dass besonders viele junge Menschen dabei sind, verleihe der Veranstaltung einen besonderen "Spirit" und sei ein "Zeichen des Sieges über die Verbrecher", sagte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, bei der Auftaktveranstaltung Mittwochabend in Krakau.

Deutsch nahm vor zwei Jahren selbst zum erstem Mal am seit 1988 stattfindenden "March of the Living" (MoL) teil. Dabei gehen Überlebende des Nazi-Terrors zusammen mit Menschen aus aller Welt schweigend und in Erinnerung an die sechs Millionen im Holocaust ermordeten Juden vom ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz zum Vernichtungslager Birkenau. Für Deutsch war die Auseinandersetzung mit dem Grauen, das dort systematisch und in unglaublichem Ausmaß stattgefunden habe, damals eine emotional unglaublich intensive Erfahrung, wie er im Gespräch mit der APA schilderte.

Sechs Millionen Opfer

Dass so viele jüdische und nichtjüdische Jugendliche alljährlich am Holocaust-Gedenktag "Yom Hashoa" diesen schweren Weg antreten und sich der Vergangenheit stellen, um daraus für die Gegenwart und Zukunft zu lernen, zeige, dass "wir gewonnen haben", so der IKG-Präsident. "Wir haben zwar sechs Millionen verloren, aber man hat uns als Volk nicht zerstört."

Dieses "so starke Zeichen" habe ihn auch dazu motiviert, erstmals auch politische Vertreter Österreichs zum MoL zu bringen. Die vom Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) angeführte Delegation sei ein "wichtiges Zeichen der Unterstützung", so Deutsch.

Bewusster mit Vergangenheit auseinandersetzen

Dass die Aufarbeitung der Vergangenheit in Österreich lange unter dem Deckmantel der Ansicht, man sei das erste Opfer Nazi-Deutschlands gewesen, über viele Jahrzehnte verschleppt wurde, betonte Heinisch-Hosek in ihrer Rede beim MoL-Auftakt in der Krakauer Philharmonie. Seit dem Ende der 1980er Jahre habe sich die Sichtweise aber stark verändert. Die österreichische Gesellschaft setze sich insgesamt bewusster mit der Vergangenheit auseinander

Das zeige sich auch darin, dass der Verein "March of Remembrance and Hope - Austria" (MoRaH) seit 2007 jedes Jahr zwischen 300 und 500 Jugendliche aus Österreich zu dem Gedenkmarsch bringt. Auch heuer sind wieder etwa 500 Schüler und Lehrer dabei. Trotz allem dürfe man laut der Ministerin nicht die Augen davor verschließen, dass es auch neue Formen von Antisemitismus gebe. Dem könne man vor allem in Bildungseinrichtungen entgegentreten.

"Der March of the Living ist ein ganz besonderes Zeichen aus der Zivilgesellschaft", so Karlheinz Kopf zur APA. In Auschwitz werde klar, wozu Menschen fähig sind und wie wichtig es ist, dafür einzutreten, dass so etwas nie wieder passiert. Zusammen mit jungen Menschen dieses Gedenken und diese sicherlich "belastenden Stunden" zu durchleben, sei wichtig, um aus der Vergangenheit zu lernen, so der zweite Nationalratspräsident.

Auch die Bundesobfrau der Grünen, Eva Glawischnig, möchte mit ihrer Teilnahme "ein Zeichen setzen". Sie verspüre ein Ansteigen des Antisemitismus in Europa "und im Speziellen auch in Österreich". Beim Bewusstmachen von antisemitischen Vorfällen und bei entschlossenen Reaktionen darauf "vermisse ich das gesamte politische Spektrum", so Glawischnig. Die jüdische Gemeinde in Wien und ganz Österreich zu stärken, sieht sie als politischen Auftrag. (APA, 16.4.2015)