Im Film "Das Glück an meiner Seite" geht es um die Beziehung zwischen einer ALS-kranken Frau und ihrer chaotischen Pflegerin (nicht im Bild).

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Ein leichtes Zittern beim Klavierspielen, dann ein Innehalten. Schließlich verstummt die versammelte Familie. So als wüsste jeder, dass das etwas Schlimmes bedeutet. So plakativ wie im neuen Hollywoodfilm "Das Glück an meiner Seite" äußert sich die Amyotrophe Lateralsklerose, kurz ALS, nicht immer – meist beginnt sie schleichend. Fest steht: Ist sie einmal ausgebrochen, ist nichts mehr so wie zuvor.

Neurodegenerative Erkrankung

Bei ALS handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, bei der jene Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark absterben, die die Muskelbewegungen steuern. Zu Beginn äußert sie sich oft als Schwäche, Ungeschicklichkeit oder leichte Lähmung in Händen oder Füßen, zunächst meist nur auf einer Körperseite. Manchmal sind die ersten Anzeichen aber auch Probleme beim Schlucken oder Sprechen. "Weil die ersten Symptome recht unspezifisch sind, vergeht bisweilen einige Zeit bis zur Diagnose", sagt Jakob Rath, Neurologe an der Med-Uni Wien.

In Österreich leiden rund 900 Personen an ALS. Im Schnitt sind sie zwischen 60 bis 65 Jahre alt, doch seltene Varianten brechen deutlich früher aus. "Die Lebensqualität ist nicht sofort eingeschränkt. Das Hauptproblem am Anfang ist sicher die enorme psychische Belastung, weil es keine ursächliche Therapie sowie eine stark eingeschränkte Lebenserwartung gibt", sagt Rath. Diese betrage im Schnitt nur zwischen drei und fünf Jahre nach Ausbruch der Erkrankung. Es gibt aber Ausnahmen: "Die Krankheit ist sehr heterogen, weil viele verschiedene Genmutationen als Ursache infrage kommen."

Entstehung unbekannt

Die Behandlung besteht aus dem Medikament Rolozol, das die Krankheitsprogression um etwa drei bis sechs Monate verzögern kann. Eine Ergo- und Physiotherapie kann zusätzlich helfen, daneben wird symptomatisch behandelt. Meist kommt es zu einer Lungenschwäche. Das heißt im Endstadium: Beatmungsgerät.

Momentan wird intensiv an Therapien geforscht, etwa mittels Antisense-RNA. "Es gibt viele präklinische Studien, auch mehrere verschiedene Ansätze, die verfolgt werden. Vor allem England ist hier Vorreiter", sagt Rath. Bis es eine ursächliche Therapie der ALS gibt, wird es aber wohl noch dauern, so der Experte.

Stärkeres Bewusstsein

Durch die Ice Bucket Challenge im vergangenen Sommer und den Spielfilm "The Theory of Everything" über das Leben des Physikers Stephen Hawking dürfte ALS bekannter geworden sein: "Durch die hohe mediale Aufmerksamkeit in letzter Zeit gibt es sicher ein höheres Bewusstsein als früher", sagt Rath. Wobei man sagen müsse, dass Stephen Hawking "sicher nicht" an einer typischen ALS-Form leide. Schließlich ist er bereits sehr früh erkrankt.

Das Bewusstsein mag wohl auch das "Das Glück an meiner Seite" weiter steigern, obwohl der Film nichts Relevantes zum Thema beisteuern kann. In dem Melodram kümmert sich die junge, partywütige Bec (Emmy Rossum) um eine kinderlose, scheinbar bestens situierte Frau (Hilary Swank), die von ALS betroffen ist. Es geht um Eifersucht, eine kaputte Ehe und das (erstmalige) Übernehmen von Verantwortung. ALS dient hier lediglich als Aufhänger für eine letztendlich seichte Geschichte. (Florian Bayer, derStandard.at, 17.4.2015)